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Der Kapitalismus macht alles zur Ware!

Egal, um was für eine Gesellschaftsform es sich handelt: Menschen sind auf einen Austausch mit der Natur angewiesen. Zur Herstellung von Gebrauchswerten benötigen die Arbeitenden Produktionsmittel [1]. Folgende Faktoren sind wesentlich für die Bestimmung einer Gesellschaft: Wer verfügt über die Produktionsmittel, wie werden diese Eigentumsverhältnisse gesichert und was bedeutet das für NichtbesitzerInnen von Produktionsmitteln.

Die Arbeitskraft des Menschen ist im Kapitalismus eine Ware. Wie jede Ware wird sie ge- und verkauft. Die meisten Menschen müssen ihre Arbeitskraft an die BesitzerInnen von Produktionsmitteln (in Folge die EigentümerInnen) verkaufen, um mit dem Lohn ihre Grundbedürfnisse [2] zu decken. Das Besondere an der Ware Arbeitskraft ist, dass sie mehr Wert produziert, als sie selber wert ist. Das heißt, dass der/die EigentümerIn die hergestellten Waren teurer verkaufen kann, als er/sie für Produktionsmittel und Arbeitskraft aufgewendet hat. Dieser Mehrwert ist die Grundlage für Ausbeutung auf der einen und Profit auf der anderen Seite. Soziale Kämpfe, die dagegen protestieren wie z.B.: Streiks, Landenteignungen und Fabrikbesetzungen oder aber auch in Form von Ladendiebstahl, Krankfeiern, Schwarzarbeit etc. sind gegenwärtig allerorts zu bemerken und kommen so in den Diskurs der Gesellschaft.

Um die Akzeptanz des Kapitalismus immer neu abzusichern, ist dieser ständig bemüht sich zu reartikulieren!

Kapitalismus wird heutzutage Neoliberalismus und nachhaltige Entwicklung genannt. Ausbeutung heißt Sachzwang. Imperialismus und Militarismus firmieren als "humanitäre Interventionen" in der Außenpolitik. Vom Patriarchat spricht kein Mensch mehr. Nationalismus tarnt sich als Standortsicherung. Staatlicher Rassismus nennt sich Innere Sicherheit. Als Kriminalitätsbekämpfung getarnt werden politische Repression und Überwachung perfektioniert.

So wie die Nationalstaaten im 19. Jahrhundert entspricht die EU als staatlich-politische Instanz dem heutigen Entwicklungsstand des Kapitalismus: Außergewöhnliche Konzentration, hoher Aufwand für Forschung, Entwicklung und Herstellung von Produkten sowie verschärfte Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Die EU organisiert als bürokratische Diktatur die Deregulierung von Arbeitsverhältnissen, soziale Verelendung, ökologische Zerstörung und eine eurochauvinistische und rassistisch begründete Abschottung gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen aus dem Trikont und aus Osteuropa. Die EU steht gegen emanzipatorische Bewegungen, gegen soziale Befreiung und gegen ein selbstbestimmtes Leben.

Viele Betriebe beschäftigen einen Großteil ihrer Arbeitenden über Subunternehmer (Leihfirmen). So geht z.B. der Kündigungsschutz verloren, gewerkschaftliche Arbeit wird auf Grund des häufigen Arbeitsplatzwechsels fast unmöglich gemacht, ausländische KollegInnen werden aufgrund ihrer Not und Sprachschwierigkeiten hemmungslos ausgebeutet.

Im Kapitalismus interessiert sich der/die EigentümerIn in seiner/ihrer Rolle in der Produktion nur für die Ausbeutung der Lohnarbeit. Er/Sie stellt nur so viele LohnarbeiterInnen ein, wie er/sie zur Durchsetzung seiner/ihrer Profitinteressen braucht. 'Überschüssige Arbeitskräfte', also Arbeitslose, interessieren hierbei nur, wenn sie sich zur Drückung des Lohns oder der Qualität der Arbeitsbedingungen nutzen lassen. Aufgrund seines/ihres profitorientierten Interesses liegt es ihm/ihr fern, sozial ausgewogen zu handeln.

Hier zeigt sich, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, ökonomische Fortschritte auch in gesellschaftliche Fortschritte umzuwandeln. Obwohl viele Firmen und Konzerne jährlich große Gewinne einfahren, wird die Situation der Menschen kontinuierlich schlechter.

Wo Sozialforen und Gewerkschaften den Egoismus der EU beklagen, Sozialabbau zurückdrängen und Arbeitsplätze schaffen wollen, müssen wir feststellen, dass auch demokratischer Kapitalismus Ausbeutung und Unterdrückung mit sich bringt. Denn wo der Kapitalismus Reichtum produziert, produziert er auch sein Gegenteil. Es ist schließlich kein Zufall, dass Mama EU nicht als Sozialstaat für alle konstituiert ist, sondern in neoliberaler Form den Ansprüchen des globalisierten Kapitalismus genügen will.

Die EU ist heute die aktuelle Form des kapitalistischen Projekts in Europa. Sie stellt die Rahmenbedingungen, unter welchen in Europa die kapitalistischen Verhältnisse produziert und reproduziert werden.

Der Kapitalismus hier ist der Kapitalismus dort!

Mit dem Zusammenbruch der "realsozialistischen" Staaten Osteuropas und dem fortschreitenden Zerfall der politischen Rahmenbedingungen, die es einigen Trikontstaaten erlaubten, geschützte Wirtschaftsräume aufrecht zu erhalten, gewinnt die neoliberale Ideologie scheinbar universelle Gültigkeit. Sichtbarer Ausdruck des neuen Status quo sind die umfangreichen Privatisierungen ehemals öffentlicher Einrichtungen und Güter, die bislang aus dem kapitalistischen Verwertungsprozess ausgeschlossen waren.

Mit der Schaffung neuer Anlagemöglichkeiten folgen Privatisierungen und Liberalisierungen dem ökonomischen "Sachzwang", den die kapitalistische Notwendigkeit nach stetiger Ausweitung erzeugt. Mit der marktwirtschaftlichen Durchdringung weiterer gesellschaftlicher Räume wird dadurch gleichzeitig eine (globale) Enteignungsökonomie fortgeführt.

Diese Ausweitung vollzieht sich geografisch, wobei die bislang umfangreichsten Privatisierungen in den osteuropäischen Staaten durchgesetzt wurden. Dieser Prozess betriff selbstverständlich auch die westlichen Gesellschaften. Im Zuge der Privatisierung von öffentlich zugänglichen Dienstleistungen (Entsorgung von Abwasser und Müll; Versorgung mit Wasser und Energie; Kommunikation; Verkehr; Gesundheit; Bildung etc.) werden staatliche soziale Rechte, die den Zugang zu bestimmten Gütern und Dienstleistungen, zumindest theoretisch, garantieren, durch das Recht auf deren Kauf ersetzt.

Durch die Privatisierung von Dienstleistungen werden gesellschaftliche Grundbedürfnisse der marktwirtschaftlichen Logik untergeordnet. Folglich werden auch ehemals verstaatlichte DienstleistungsanbieterInnen (Telefon, Gesundheitsvorsorge, Pensionsversicherung, etc.) dem Profitzwang ausgesetzt. Es hat sich in jüngerer Vergangenheit gezeigt, dass sowohl weltweit als auch in Österreich z.B. im Bereich des öffentliche Verkehrs eine Privatisierung zu höheren Preisen, Personalabbau im Unternehmen (geringere Personalkosten) und mangelhaftem Instandhaltungsverhalten geführt hat.

Gleichzeitig wetteifern verschiedene Staaten um die Vorherrschaft in der EU. Die Regionen außerhalb der kapitalistischen Zentren sind heute LieferantInnen von Rohstoffen, Lebensmitteln und Billigwaren, Absatzmärkte für Industrieprodukte aus den Metropolen und Reservoir für Arbeitskräfte.

Österreichische Konzerne und Banken berreichern sich im Osten

Die OMV schaffte es durch Investitionen und direkte Einflussnahme in Osteuropa alle hiesigen Rekorde zu brechen. In Tschechien, Kroatien, Slowenien und der Slowakei ist der OMV-Mineralölkonzern die absolute Nummer 1. In Rumänien sind die Benzin- und Heizölpreise nach der Übernahme des ehem. staatlichen Rumänischen Ölkonzerns Petrom durch die OMV auf EU-Durchschnitt angestiegen. Das Durchschnittseinkommen in Rumänien beträgt aber ungefähr 150 Euro im Monat (MinisterInnengehälter inbegriffen). Während OMV im Osten Europas expandiert hat die OMV ihr Personal in Österreich in nur 10 Jahren um mehr als die Hälfte reduziert und die Löhne drastisch gesenkt. Doch auch den Petrom MitarbeiterInnen blüht ähnliches, ein Stellenabbau von 30.000 Personen ist, laut ExpertenInnen, durchaus realistisch.

Auch der ausländische Bankenbereich ist für das österreichische Kapital zunehmend profitabler. Hingewiesen sei hier etwa auf die österreichische Raiffeisen Zentralbank, die im Mai 2001 die rumänische Banca Agricola kaufte. Durch die anhaltende Expansion konnten die RZB-Tochterbanken rund 550 Niederlassungen in Zentral- und Osteuropa aufbauen. Aber auch die anderen österreichischen Banken sind im Ausland kräftig im Vormarsch. So kaufte beispielsweise die Erste Bank 2005 den größten Anteil der Rumänischen Bank BCR und bezahlte dafür einen Rekordübernahmepreis von 3,75 Mrd. Euro.

Nicht nur OMV und die Raiffeisen Zentralbank setzten mit ihrer Investionstrategie auf den Osten. 14,1 Milliarden Euro investierten österreichische Unternehmen im letzten Jahr in die neuen östlichen EU-Länder und sicherten sich den ersten Platz mit 23,2 Prozent des gesamten Investitionsvolumens in der Rangliste der größten Einzelinvestoren. Insgesamt sind die österreichischen Direktinvestitionen in Osteuropa seit 1989 um 63 Prozent gestiegen.

Aber auch in anderen Teilen der Erde sind österreichische Global Player am Werken. Da sind die Ölbohrungen der OMV im bürgerkriegsgezeichneten Sudan, von denen sich die OMV nach viel öffentlicher Empörung nur sehr zögerlich und nur vorläufig trennte. Erst vor kurzem kaufte die OMV die Erdölsparte des deutschen Mischkonzerns TUI (zugleich Besitzer der gleichnamigen Reisebüros). TUI, also nunmehr die OMV, bohrt und exploriert u.a. in Ecuador und Venezuela. Durch diese Investitionen greift die OMV finanziell aktiv in den im benachbarten Kolumbien wütenden BürgerInnenkrieg ein. Durch die Investition der OMV in den Krisengebieten unterstützt sie die jeweiligen Staaten bei ihren Menschenrechtsverletzungen (u. a. Ermordung von GewerkschafterInnen durch Paramilitärs).

Nicht zu vergessen sind die Waffenexporte Österreichs an Staaten in Afrika, Ex-Jugoslawien und anderen Regionen der Welt. Vor allem in Österreich produzierte Landminen töten und verstümmeln noch immer jedes Jahr tausende von Menschen.

Bei den Investitionen der ÖMV und anderer Exponenten des österreichischen Kapitals geht es um Macht und Einfluss auf die Politik des jeweiligen Landes. Institutionen wie der IWF und die Weltbank, GATT/WTO und seitens der EU das Lomé-Abkommen [3] erzwangen nach der Entkolonialisierung die Öffnung der Märkte im Trikont für europäisches Kapital und Waren, Privatisierung von Infrastruktur und Böden, Abbau von Sozial- und Gesundheitsausgaben und Lohnkürzungen.

Als Folge davon leben Dreiviertel der Menschheit in Armut. Analphabetismus, Unterernährung und Krankheiten sind weitere Folgen der kapitalistischen Logik. Kapitalismus bedeutet Ausbeutung der Arbeit mittels Lohnsklaverei! Kapitalismus bedeutet (v. a. in der Dritten Welt) Tod durch Hunger, Folter und Krieg. Täglich sterben ca. 100.000 Menschen an Hunger!

Die Versuche einzelner Länder dem System der Profitmaximierung zu entrinnen sind bisher gescheitert: Grund dafür sind die erzwungene Abhängigkeit aller Regionen vom kapitalistischen Weltmarkt und die militärische Überlegenheit der imperialistischen Staaten. Deren Blutspur zieht sich von Algerien und Vietnam über Angola und Nicaragua, Chile und Zaire bis hin zu Panama, Kurdistan, dem Balkan und den Kriegen am Golf.

Banken und Konzerne, die herrschenden Eliten innerhalb der verelendenden Trikontstaaten sowie ein marginaler Teil der Bevölkerung in Westeuropa, Nordamerika und Japan profitieren von diesen Verhältnissen. Doch auch hier sind die Folgen des Kapitalismus spürbar: Erwerbslosigkeit, Verelendung und mangelhafte Ernährung nehmen zu.

Smash capitali$m! Smash the EU!

[1] Produktionsmittel sind alle Gegenstände die zusammen mit der Ware Arbeitskraft zur Produktion von Waren nötig sind, in einer Tischlerei z.B.: sämtliche Maschinen, Werkstätte und dazugehörende Technik, Lagerplatz, Fahrzeuge und Rohstoffe.
[2] Grundbedürfnisse sind im Grunde alles, was der Mensch zum Leben braucht. Was das genau ist, bestimmt meist der gesellschaftliche Standard. Miete, Lebensmittel, Information, Mobilität, soziale Kontakte, etc.
[3] Das Lomé-Abkommen ist ein nach der Togolesischen Hauptstadt Lomé benanntes Abkommen der EU-Staaten mit 71 Entwicklungsländern in Afrika, Karibik und Pazifik (AKP-Staaten). Als Folge der 1995 vollzogenen Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich hinsichtlich der AKP-EU-Beziehungen eine Reihe von Reformerfordernissen ergeben. Diesen ist in dem im Juni 2000 unterzeichneten Cotonou-Abkommen Rechnung getragen worden. Diese neue Rechtsgrundlage der AKP-EU-Beziehungen hat eine Laufzeit von 20 Jahren. Während einer Übergangsperiode, die sich bis Ende 2007 erstreckt, gelten die Bestimmungen des ausgelaufenen Lomé-Abkommens weiter. Ab 1. Januar 2008 bekommen die WTO-konformen Regeln Gültigkeit.