GRENZBEREICHE ETHNOLOGISCHER FORSCHUNG

 

Ass.Prof.Dr. Manfred Kremser

SS 1994

SCHRIFTLICHE ABSCHLUSSARBEIT

zum Thema :

HALLUZINOGENE IM SAKRALEN UND NICHTSAKRALEN

BEREICH

 

 Bilsenkraut 

 

Verfaßt von : Gerhard LADSTÄTTER

Matr.Nr. 9304275

VORWORT :

 

Es würde den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen, sich mit allen Vertretern der Halluzinogene abzugeben. Dafür bräuchte man Jahre. Ich möchte daher auf die meiner Meinung nach Wichtigsten eingehen und kann bei Interesse nur die sehr zahlreiche, wenn auch nicht leicht erhältliche Literatur empfehlen. Da fast alle dieser Bücher in Deutschland als "sittlich verrohend" abqualifiziert und deshalb indiziert wurden, lohnt sich oft, in der Buchhandlung nachzufragen, was denn so alles nur unter dem Ladentisch verkauft wird. Wer einen ganzen Katalog dieser Literatur braucht, dem seien die "Medienexperimente" eines Werner Piper schwer ans Herz gelegt. Postkarte genügt...

 

EINLEITUNG : Klärung des Begriffspaares "Sakral" und "Nichtsakral"

 

Wenn in der Überschrift von einem Begriffspaar "sakral" und "nichtsakral" die Rede ist, so werden damit eine alltägliche und religiöse Sphäre auseinandergehalten. Wenn es weiters um Halluzinogene geht, so wird es sich bei einem profanen Bereich meistens um Genuß bzw. Konsum von Rauschmitteln, Halluzinogenen, Drogen oder Rauschgift (je nach der Sicht des Konsumenten ) zur Erlangung eines Rauschzustandes, bzw. zur Befriedigung seiner Abhängigkeit von den Rauschmitteln, meist von sog. "harten Drogen" handeln. Dieser profane Bereich des Konsums von Halluzinogenen hat naturgemäß eine völlig andere Bedeutung als der sakrale, dem sich wiederum (verständlicherweise) die EthnologInnen zugewendet haben, wie etwa teilweise in der Religionsethnologie oder in der Grenzbereichsforschung. Doch glaube ich, daß es einseitig und unvollständig wäre, in einer gesamtheitlichen Problemsicht die sich durch den Konsum von Halluzinogenen ergebenden Phänomene und Probleme unserer Gesellschaft in dieser Arbeit unberücksichtigt zu lassen.

 

Im Bereich des "profanen" Konsums von Halluzinogenen in unserer Kultur haben Rauschmittel eine völlig andere Wirkung auf den Körper und die Psyche, als dies etwa bei den vielen in der Vorlesung besprochenen verschiedenen Kulturen mit den verschiedensten Ritualen und Initiationen (z.B. Zongas). So ist es wahrscheinlich den meisten sog. "usern" gar nicht bewußt, daß ihr "Joint", ihr "Trip" oder was auch immer sie sich gerade einwerfen, in vielen anderen Kulturen nie nur zum reinen Vergnügen konsumiert wird. Weiters kommt dazu, daß bei uns so gut wie alle erhältlichen Halluzinogene und Drogen, so sie nicht aus dem eigenen (illegalen) Garten stammen, mehr oder weniger mit anderen Substanzen gemischt sind, um am Schwarzmarkt mehr Gewinne zu erzielen.

 

HALLUZINOGENE - Die großen Unbekannten

 

Halluzinogene sind allesamt, mit der Ausnahme des berühmten LSD natürlich gewachsene Substanzen, die in vielen, auch heimischen Pflanzen vorkommen. Das vielfältige Wissen über die Wirkungsweisen und Nutzungspotentiale war schon in früherer Zeit meist auf einige wenige eingeweihte Personen reduziert (vgl. dazu das große Thema Hexensalben in der Literatur), und die Hexenverfolgungen und die wissenschaftsfeindliche Haltung der Kirche taten ihr Übriges dazu, um das Wissen verschwinden zu lassen. Es konnte ja wohl nicht angehen, daß gewisse Personen mit dem Teufel im Bund plötzlich an der Allmacht der Religion und der Kirche kratzten.....

 

Von etwa 600000 verschiedenen Pflanzen auf der Erde sind nur etwa 150 als halluzinogenhältig bekannt. Dementsprechend begehrt sind sie bei denen, die sich damit auskennen. Eine Theorie besagt, daß durch die Suche unserer Vorfahren nach eßbaren Pflanzen und die Kenntnis derer auch zur Kenntnis der halluzinogenhaltigen Pflanzen geführt haben könnte.

 

Es wird auch von Rindern berichtet, die, wenn sie einmal in Berührung einer bestimmten Pflanze, der Chachaquila ( oxytrous lamberti pursh ), kommen, in einen Erregungszustand kommen und ihr regelrecht verfallen. Es soll sogar so arg sein, daß sie regelrecht nach der Pflanze suchen und sie wie wildgeworden auffressen. Bemerkenswert ist dies deshalb, da Tiere normalerweise keinen Rauschzustand kennen und auch nicht anstreben, und weil Drogen auf Tiere auch anders wirken wie auf den Menschen. Da ich aber in der Literatur nur einen einzigen Hinweis darauf fand, will ich nicht näher darauf eingehen.

 

Generell unterscheidet man zwischen Halluzinogenen 1. und 2.Ordnung, und dies geschieht nach der Wirkung, die sich durch ihre Einnahme ergibt. Die Untergliederung folgt chemischen Kriterien. Halluzinogene ( HLZs) erster Ordnung führen nach der Einnahme meist zu klar strukturierten optischen Erscheinungsbildern, zur Erweiterung des Bewußtseins, HLZs 2.Ordnung sorgen für eine Trübung der Sinne, sind also gefährlicher.

 

DIE WICHTIGSTEN PFLANZEN IM EINZELNEN :

 

1.) CANNABIS :

 

Das bei uns wohl bekannteste und am weitesten verbreitete Halluzinogen ist das berühmte Cannabis, der indische Hanf (lat. cannabis indica). Die bei uns seit Jahrhunderten vorkommende Sorte Cannabis sativa ist jedoch nicht als Halluzinogen zu bezeichnen, da sie fast keine psychoaktiven Substanzen produziert. Sie ist daher eher für die Alternativkulturen der Landwirtschaft nützlich. Daß aber trotzdem immer wieder Unwissende des nachts über die harmlosen Hanfkulturen herfallen, ist immer wieder zu hören. Meistens jedoch werden die Samen der verschiedensten Sorten aus den Herkunftsländern importiert und die Pflanze in kleinen Labors oder schlichtweg hinter dem Haus oder am Balkon gezüchtet. Legal ist dabei nur der Import der Samen. Obwohl der Konsum in den verschiedenen Produkten Marijuana (=Grass), Haschisch oder Haschischöl nachweislich weit weniger gesundheitsgefährdend ist als etwa der stetige Konsum von Alkohol, und weder körperliche noch seelische Abhängigkeit schafft, ist die "älteste Kulturpflanze der Welt" für die meisten nach wie vor ein rotes Tuch. Auch wird die Substanz in vielen naiven Drogenratgebern für Eltern, Lehrer etc. weiterhin als Einstiegsdroge für "harte Drogen" verteufelt. Natürlich, Haschisch ist eine bewußtseinsverändernde Droge, sie ist nicht mit Tabakprodukten zu vergleichen. Doch allein der Umstand, daß alleine in Deutschland im Jahre 1980 geschätzte 500000 bis 1000000 Menschen mehr oder weniger regelmäßig zu ihrer Substanz griffen und es noch immer tun, ohne daß es zu tiefgreifenden sozialen Auswirkungen wie etwa beim Heroinkonsum kommt, müßte ein Grund sein, die Diskussion darüber am laufenden zu halten. Die Gefährdung der Atemwege durch das tiefe Inhalieren des Rauches, tiefer als bei jeder Zigarette, soll hier aber nicht verschwiegen werden. So ist das Urteil des obersten deutschen Gerichtshof ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es sind die auch in der sehr zahlreichen Literatur immer wieder hervorgehobenen, äußerst angenehmen Gefühlszustände, die die "Kiffer" immer wieder anlocken. Die Droge wurde schon vor 5000 Jahren in Ägypten angebaut und als Heilmittel gegen viele kleinere und größere Wehwehchen mit Erfolg eingesetzt. Auch die alten Römer wußten von ihrer Wirkung. Heute wird Cannabis in vielen Ländern der sogenannten " 3. Welt " vor allem für den illegalen Export von Haschisch nach Europa und Amerika angebaut. Die verschiedenen Sorten werden nach der Farbe und dem Herkunftsland benannt, so etwa "Schwarzer Afghane" oder "Roter Libanese". Auch die Medizin hat die Wirkstoffe von Cannabis, das THC (= Tetrahydrocannabinol), längst wieder erkannt. THC wird in der Krebsbehandlung gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapie eingesetzt, es gilt als Heilmittel gegen grünen Star und als Appetitmacher bei Heroinentzug. Doch die Hauptbedeutung in unseren Breiten liegt in der psychoaktiven, halluzinogenen, als angenehm empfundenen Wirkung der Droge. Die Bezeichnungen für diesen Zustand sind vielfältig, "stoned", "high", "bekifft", "dicht" usw... Die halluziogene Wirkung haben besonders viele Künstler für sich entdeckt, oft waren erst unter dem Einfluß der Droge schöpferische Akte möglich, die den Rahmen des Eingefahrenen und Bekannten sprengten. Die Aufmerksamkeit eines Menschen unter THC konzentriert sich nicht in der gewohnten Weise auf eine Sache, die in ihrem angestammten Zusammenhang steht. Sie schweift vielmehr ab, eine vorgeplante Richtung im Denken und Arbeiten wird durch unwillkürliche Gedächtnis- und Konzentrationsmängel nicht mehr eingehalten. Die Erfüllung einer "ernsthaften" Aufgabe ( wissenschaftliches Arbeiten, kompliziertes folgerichtiges Denken, vorgegebene Reaktionsabläufe etc...) werden eher als störend empfunden und daher vermieden. Und gerade im Bereich der Kunst wird von ausgetretenen Pfaden des eigenen Schaffens abgeschweift und neue Möglichkeiten werden eröffnet. Aus solcher Experimentierfreude öffnen sich neue Ebenen in bildender Kunst, Musik etc... Neues, Unbekanntes, Abweichendes wird eher unvoreingenommen gesehen und nicht nach sonstigen, herkömmlichen Kriterien bewertet. Man interessiert sich für das Hier und Jetzt, dem Ausgang der Arbeit wird weniger Bedeutung beigemessen. Der Künstler erlaubt sich mehr Spontanität, dessen Produkt er erst einmal in den Raum gestellt läßt. Erlernte Fähigkeiten lassen auch unter dem Einfluß von Cannabis kaum nach. Nach dem Abklingen der Wirkung kann oft der enorme Ideenstau nicht verwirklicht werden, doch oft verlegen sich Künstler darauf, mit Hilfe von Cannabis neue Konzepte zu schaffen, die dann in konzentrierter Arbeit ohne Droge ins Reine gebracht werden. Doch darf eine künstlerische Leistung unter dem Einfluß von Cannabis auf keinen Fall mit der während eines LSD-Trips verglichen werden. Es kommt nicht zu surrealen Farbexperimenten, sondern es finden sich einfach neue, kreative Gedanken.

 

In den indigenen, außereuropäischen Kulturen ist Cannabis nahezu ein Allheilmittel, da es praktisch auf der ganzen Welt vorkommt. Neben dem schon erwähnten Anbau für den Export für die ehemaligen Kolonialherren findet Cannabis gerade auch in der Kommunikation mit den Ahnen, Geistern etc... große Verwendung. Bei den Assande etwa züchtet ein Schamane, der etwas abseits vom Dorf lebt, sein Cannabis vor seiner Behausung und raucht es durch spezielle Kalebassenpfeifen, wennn er mit den Geistern oder den Ahnen kommunizieren will. In der Ethno-Medizin wird es gegen Gicht, Augenleiden, Kälte, Schmerzen im allgemeinen u.v.a. mehr verwendet.

 

Auch bei den Anhängern des Rasta-Kultes genießt Cannabis große Anerkennung.

Der "Ganja" gilt als Sakrament, so wie der Peyote-Kaktus in der Native American Church. Durch bekannte Reggea-Interpreten wurde das Gedankengut der Rastas in die Öffentlichkeit getragen und damit kommerzialisiert. Bob Marley ist heute in fast jeder Schallplattensammlung zu finden. Und die Farben rot, gelb und grün in Zusammenhang mit Rasta oder einfach Jamaica sind auch bei uns eine Art Code für den Konsum von Cannabis, obwohl die meisten Konsumenten überhaupt keine Ahnung haben, welche Philosophie hinter den Rastas steckt.

 

Leider ist Cannabis heute gerade in den großstädtischen Subkulturen schon derart weit verbreitet, daß jede Exklusivität des Konsums schon lange verloren gegangen ist. Es gibt kaum noch ein "Szene-Lokal", in dem nicht auch Haschisch, und leider oft in der der miesesten Qualität, für jedermann erhältlich ist. Jeder Bezug zu etwas Sakralem ist völlig fehl am Platze, Haschisch wird (leider) nur noch zum schnellen Erreichen eines Rausches geraucht bzw. konsumiert. Durch die Illegalisierung von Haschisch schafft es die Drogenmafia aber, (harmloses) Haschisch neben höchstgefährlichem Heroin zu verdealen, und damit den Teufelskreis von der Vermischung der Drogen aufrechtzuerhalten. Wenn es möglich ist, beim selben Dealer das eine Mal Haschisch und das andere Mal Heroin zu kaufen, dann ist die Drogenpolitik am falschen Weg. Meiner persönlichen Meinung nach hat Holland den richtigen Weg in der Drogenpolitik vorgezeigt, doch wird es wahrscheinlich noch Jahrzehnte dauern müssen, bevor die Österreichische Politik dies kapiert...

 

 

2.) PILZE UND KAKTEEN :

 

  Fliegenpilz

An der Bedeutung halluzinogener Pilze ( Psilocybe mexicana ) und Kakteen, allen voran dem Peyote oder Peyotl ( loffofora williamsi bzw. anhalonium lewini ) kann man heute einfach nicht mehr vorbeigehen. Gerade in Mexico sind die Pilz- und Kakteenkulte keineswegs im Aussterben, sie sind auch immer mehr dabei, sich nach Nordamerika auszudehnen, wo sie eigentlich nicht autochton waren. Durch die sog. "psychedelische Bewegung" eines Timothy Lears, eines Havard-Dozenten für Psychologie, der später von LSD schlichtweg überzeugt war, wurde die Verwendung der Schwammerln und Kakteen auch bei den amerikanischen Studenten und Hippies beliebt, die einfach nur des Rausches willen zu Horden ins Land kamen und vertilgten, was das Zeug hielt. Daß durch diesen hemmungslosen Mißbrauch viel altes Wissen um die Kultur des Konsums und die rituellen Erfahrungen einfach ausgelöscht wurde, ist vielen schlicht unbekannt.

 

Der kleine, stachellose Kaktus "Peyotl", sehr bitter im Geschmack, wird entweder in Stückchen geschnitten und getrocknet (= Mescal-Button) oder aber gleich als grüne Pflanze genossen. Für den Konsum ist eine seelische und körperliche Reinigung Voraussetzung, ähnlich dem alten Christentum, wo man sich ebenfalls vor jeder Mahlzeit reinigte. Ein Mann ist der Anführer, er wird von mehreren Assistenten unterstützt. Gesänge und Gebete während der Mahlzeit zeigen eine starke Vermischung mit christlichen Elementen. " Der weiße Mann kann lesen und erfährt Gottes Wort aus der Bibel. Der Indianer kann nicht lesen, er erfährt Gottes Wort aus dem Peyotl.", so nannte es Slotkin einmal 1967.

Claude Levi-Strauss schilderte starke Auswirkungen, junge Männer, die ohne Nahrung auf einem Floß ausharrten, Brechmittel nahmen, sich selbst verletzten und völlig sinnlose Dinge taten.

 

Legalisiert wurde der Kaktus in den USA, da ihn die Native American Church als Sakrament verwendet.

 

Nun zu den Pilzen. Als FLEISCH DER GÖTTER wurde er schon von den Mayas und Aztheken bezeichnet, der TEONANACATL. Sein Wirkstoff ist das bekannte Psilocypin. Der Pilz führt nach Baudelaire ins "künstliche Paradies". Dort wohnt ein Gott namens "Tlaloc", der sich in einem Paradies voller Obstbäume und Blumen aufhält, in dem ein fischreicher Fluß fließt usw... Schon die alten Eroberer wußten zu berichten, daß " ...die Indios einen Zauberpilz essen, der ihnen die Gabe verleiht, mit den Göttern zu sprechen. (....)" Daß es sich dabei um den Teonanacatl gehandelt haben muß, wußten sie natürlich nicht. Auch heute noch gehen die Auffassungen über die stark halluzinogenen Schwammerln stark auseinander. Doch wird der Pilz nur in Situationen genommen, die sehr ernst sind, wenn z.B. jemand krank ist, wenn Geld verloren ging usw... Der Pilz nennt Lösungen, blickt in die Zukunft und bringt Botschaften abwesender oder verstorbener Familienmitglieder. Wie der Pilz konsumiert wird, darüber gehen die Meinungen weit auseinander, es wird von aufwendigen schamanistischen Zeremonien mit einem besonders befähigten curandero (=Heiler) ebenso berichtet wie von Einzelgängern, die den Pilz in der Abgeschiedenheit zu sich nahmen, um ihn zu befragen. Doch gibt es auch andere Berichte : Albert Hofmann, Entdecker des LSD, auf das ich im Rahmen dieser Arbeit noch zu sprechen kommen möchte, berichtet von einem Besuch bei der Heilerin Maria Sabina, daß bei ihr und ihren beiden Töchtern der Teonanacatl als Aphrodisiakum angewendet wurde bzw. als solches während einer Sitzung empfunden wurde. Bei den Indios gilt der Schwamm als heilig, deshalb dürfte er auch für Touristen schwerer zugänglich sein als der Peyote-Kaktus.

Auf Bali wiederum werden die sog. Magic Mushrooms fast ausschließlich von Touristen konsumiert. Sie enthalten ebenfalls hohe Dosen an Psylocibin und Psilocin, wachsen auf Kuhmist und werden den Touristen in Restaurants angeboten. Der botanische Name lautet copelandia cyanensens. Angeblich soll keine besondere Verwendung unter den Einheimischen stattfinden. Ihre Wirkung beschreibt J.v.Scheidt als der eines intensiven Haschischrausches sehr ähnlich, und zählt sie daher zu den starken Halluzinogenen. ( Wer sich dafür interessiert, dem sei das der Artikel von S. Wälty : Einfluß des Tourismus auf den Drogengebrauch in Kuta, Bali ans Herz gelegt, erschienen in Völger, Gisela / von Welck, K. [Hg.]: Rausch und Realität, Reinbeck 1982, Bd.2, S. 1003- 1011.)

Daß auch in Österreich ähnliche Schwammerln wachsen, darauf wurde schon in der Vorlesung hingewiesen. Diese heißen Drüschlinge oder Dräuschlinge, wachsen ebenfalls auf Kuhmist und sind u.a. auf dem Zettersfeld bei Lienz (Osttirol) beheimatet. Sie erfreuen sich bei einer kleinen Schar Eingeweihter regen Zuspruchs, doch steht auch hier das Rauscherleben im Vordergrund, nicht etwa ein sakrales Thema.

 

 

3.) LSD

 

Das von Albert Hofmann 1943 entdeckte d- Lysergsäurediäthylamidtartrat 25, kurz LSD, stammt aus dem Wirkstoff des Mutterkorn-Pilzes (claviceps pupurea ), kommt aber in der Natur nicht frei vor, d.h. es muß als einziges Halluzinogen erst künstlich im Labor hergestellt werden. Albert Hofmann hatte in Basel in einem Labor von Sandoz lange herumexperimentiert, bis er durch einen Selbstversuch mit viel zu hoher Dosis die Droge schließlich entdeckte. Er schreibt von den verschiedensten Eindrücken, daß ein Dämon in ihn eingedrungen war, er seine Nachbarin als Hexe mit einer häßlichen Fratze erblickte, daß die Möbel die seltsamsten Formen annahmen usw... Erst beim Nachlassen des Rausches beschreibt er das Genießen der verschiedensten Farb- und Formspektren und die akustischen Wahrnehmungsreize.

 

LSD kam einige Jahre später unter dem Nahmen Delysid auf den Markt, es wurde für ein wertvolles Instrument der psychiatrischen Forschung gehalten, da es schon in sehr kleinen Dosen seelische Vorgänge drastisch verändert. Es wurde mehr oder weniger viel herumexperimentiert.

 

Die Droge wird meist oral in Pillenform eingenommen und hat sich gerade in der Love & Peace - Bewegung der 68er- Generation einen großen Namen gemacht. Landläufig wird LSD gern als "Trip" in den verschiedensten Variationen bezeichnet. Da gibt es etwa den Blue Cheer, den Rotkreuzer, diverse Happy Faces, einen Orange Sunshine, Purple Haze, Strawberry und viele andere mehr, die einem einen good trip verpassen sollen, alle in irgendwelchen illegalen Chemielabors hergestellt. Der Körper gewöhnt sich sehr schnell an die Zufuhr von LSD, daher sind nach mehrmaligem intensivem Konsum oft höhere Dosen nötig, um noch etwas zu verspüren. Interessant ist, daß eine sog. Kreuztoleranz zwischen den vorhin besprochenen Stoffen Mescalin (im Peyote-Kaktus), Psilocybin (im Teonanacatl) und anderen Halluzinogenen, nicht aber Cannabis und LSD herrscht, obwohl die Stoffe chemisch völlig anders aussehen. Kreuztoleranz bedeutet, daß, wenn man an einen der Stoffe gewöhnt ist, bei der Einnahme einer normalen Dosis des anderen Stoffes keine psychischen Effekte mehr erzielt. Dieser Effekt erlaubt es auch, eine ganze Gruppe von unterschiedlichen Rauschmitteln in ihrer Wirkung nebeneinander darzustellen. LSD gilt dabei als am weitesten untersucht. Doch ich möchte hier nicht weiter auf die chemische Struktur eingehen, sie ist in jedem besseren Drogen-Handbuch aufgelistet und wird sowieso nur von gestandenen Chemikern kapiert... Auch wäre es unsinnig, sich mit den vielen verschieden empfundenen Wirkungen der Droge herumzuschlagen. Als generell empfunden gelten Illusionen, (Pseudo)Halluzinationen, vor allem visueller Natur, Beeinträchtigung der Kritikfähigkeit und des abstrakten Denkens. Weiters kommen oft unkontrolliertes Lachen oder Weinen hinzu, verbunden mit einem Zittern des Körpers. Die Stimmung schwankt Hochgefühl und Depression, je nachdem ob es ein good oder bad trip ist. Farbinhalte werden besonders stark wahrgenommen, viele Versuche von Künstlern unter LSD brachten ein großes Spektrum von Rottönen hervor. Die Sinne werden jedoch nicht geschärft, sondern die Farben einfach drastischer erlebt. Wer sich von LSD eine aphroditisierende Wirkung erwartet, wird nicht enttäuscht sein, wer nicht daran denkt, wird gar keine spüren....

 

Unrühmlich bekannt wurde die Substanz, als in den 70er Jahren die US-Army die Substanz an ahnungslosen Soldaten und Zivilisten zu Zwecken der psychologischen und biochemischen Kriegsführung testete. Auch in der Psychotherapie wird LSD eingesetzt. In Amerika wurde der vorher schon kurz erwähnte Timothy Lears zu einem LSD-Propheten. Mit dem Hinweis auf Religionsfreiheit verteidigte er sein als Sakrament gesehenes LSD. Hier kommt zum ersten Mal die Umkehrung eines Phänomens zum Ausdruck : Wurden früher alle Halluzinogene nur in spirituellem oder sakralem Zusammenhang konsumiert, und fanden erst durch die sog. "Zivilisation" in profanem Zusammenhang Verwendung, so ist es hier genau umgekehrt. LSD wird chemisch hergestellt, die Wissenschaft, die Hippies uva gebrauchen das Halluzinogen für ihre jeweiligen Zwecke ( z.B. Rauscherlebnis, Abheben ins Universum etc...), und erst, als die Substanz schon bekannt ist, wird mit Erfolg versucht, sie zu sakralisieren. Doch ist die sakrale Verwendung von LSD von so verschwindend geringer Bedeutung im Vergleich mit der als Droge zum persönlichen Trip-Erlebnis. Doch darf die Bedeutung von LSD am illegalen Drogenmarkt auch nicht überschätzt werden, denn seit einiger Zeit wird das LSD immer mehr durch die sog. Designerdrogen, wie etwa Extasy, Angel Dust, Speed, Ice oder Crack, die noch schneller und intensiver wirken, verdrängt. Doch dieses Thema soll nicht unbedingt Gegenstand dieser Arbeit werden.

 

 

4.) Halluzinogene Schnupfmittel

 

 

Unter diesem Thema lassen sich die u.a. bei den Yanomami im brasilianischen Regenwald verwendeten Schnupfpulver einordnen. Yopo, Parica, Epena u.a. Substanzen, die aus der Rinde oder den Samen verschiedener Regenwald-Pflanzen gewonnen werden, werden im Rahmen von Initiationszeremonien mittels Blasrohr in die Nase des jeweils Gegenübersitzenden geblasen, bis dieser unter dem Einfluß des Halluzinogens mit den Göttern kommunizieren kann. Solche Schnupfmittel sind in den Religionen bei vielen außereuropäischen Naturvölkern bekannt. Doch in diesem Falle kennt die Literatur keinen Hinweis darauf, daß die Substanzen wie sonst so oft, für profane Zwecke im Westen mißbraucht worden wären.......

 

Es könnte zum vorliegenden Thema jetzt noch viel geschrieben und gesagt werden, ich denke aber, daß eine erschöpfende Behandlung des Themas den Umfang der Arbeit bei weitem sprengen würde. Ich schließe mit dem nochmaligen Verweis auf die Literatur, die sich der/die geneigte LeserIn selbst besorgen soll.

 

 VERWENDETE LITERATUR :

 

 

Schmidbauer, Wofgang / vom Scheidt, Jürgen : Handbuch der Rauschdrogen

Frankfurt am Main, 1989.

 

Schultes Richard / Hofmann, Albert : Pflanzen der Götter. Die magischen Kräfte der Rausch- und Giftgewächse

Basel 1980

 

Hai, Hainer : Das Definitive Deutsche Hanf-Handbuch + Der Grüne Zweig 73

Löhrbach 1973, Piper

 

 

Hofmann, Albert : LSD - Mein Sorgenkind

Stuttgart 1979

 

 

Levi-Strauss, Claude : Traurige Tropen

Köln 1960

 

 

Schmitt-Kilian, Jörg : Drogen - Rechtzeitig die Gefahr für unsere Kinder erkennen. Ein Ratgeber für Eltern, Lehrer und Erzieher.

Heyne-Verlag, München 1994

 

Eigene Mitschrift der Vorlesung : Grenzbereiche ethnologischer Forschung

 

Diverse Lexika und Zeitungsartikel