Orellanin

Formel aus:

(#39/50)

Spezifikation:

Orellanin ist eine farblose, polare, blau fluoreszierende Substanz, die eine gewisse Instabilitaet aufweist und bei 150 Grad Celsius langsam und bei 267 Grad Celsius explosionsartig das gelbe, ungiftige Orellin liefert. Hoiland findet eine herbizide Wirkung (aehnlich den Unkrautvernichtungsmitteln Diquat und Paraquat) und Gstraunthaler & Prast finden eine toxische Wirkung auf Kulturen von Nierenepithelzellen. Beide finden weitere Hinweise auf die Bipyridylstruktur des Molekuels. (#39/50f.)

Dosis:

Die LD50 fuer Katzen, Maeuse oder Meerschweinchen wird mit 4,9-8,3mg/kg Koerpergewicht angegeben. Interessanterweise zeigt sich wie bei den Vergiftungen des Menschen auch im Tierversuch die extrem lange Latenz der Vergiftung: Selbst bei 10x LD100 kommt es bei Maeusen fruehestens 48 Stunden nach Verabreichung des Giftes zum Tod. (#39/51)

Wirkungen:

Toedlich giftig!

Orellanin ist ein Nephrotoxin. Waehrend gastrointestinale Fruehsymptome nur relativ selten beobachtet werden und deren Ursache ueberdies weitgehend unbekannt sind, kommt es im typischen Fall eines Orellanus-Syndroms nach einer Latenzzeit von 2-17 Tage zu Symptomen, die auf eine Nierenschaedigung hindeuten. Dabei ist die Latenzzeit im wesentlichen von der aufgenommenen Giftmenge abhaengig und traegt auf Grund ihres Ausmasses dazu bei, dass nicht in allen Faellen ein Zusammenhang mit einer Pilzmahlzeit erkannt wird. Als wichtigste Symptome werden angegeben: Muedigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, starker Durst mit Trockenheit des Mundes, Lippen- und Zungenbrennen, Polyurie, Erbrechen, Durchfall, Schuettelfrost, Kaeltegefuehl ohne erhoehte Temperatur, Schmerzen in der Lendengegend, Gelenk- und Muskelschmerzen; durch Nierenschaedigung spaeter Oligurie bis Anurie; Verstopfung. In seltenen Faellen treten daneben noch neurologische oder hepatische Symptome auf. Auch wenn es zu keiner Ausbildung von Fruehsymptomen kommt, macht sich die beginnende Nierenschaedigung schon fruehzeitig durch einen Anstieg der Kretinin- und Harnstoffwerte im Blut bemerkbar. Flammer empfiehlt daher, grundsaetzlich bei jeder Pilzvergiftung, auch bei kurzer Latenzzeit, Frueh- und Spaetkontrollen des Kreatinins durchzufuehren. Untersuchungen des Urins ergaben: Hypostenurie, Leucozyturie, Albuminurie und Erythrozyturie. (#39/50)

Gegengift:

Die Entgiftung sollte vorwiegend symptomatisch erfolgen, wobei staendig die Nierenfunktion ueberwacht werden muss. Je nach Bedarf ist eine Haemodialyse einzusetzen, die bei irreversiblen Nierenschaden zeitlebens durchgefuehrt werden muss. Als Alternative bietet sich im letzten Fall auch eine Nierentransplantation an. Da die Niereninsuffizienz inzwischen gut beherrscht wird, kann die Prognose als gut angesehen werden, und es duerfte heute kaum noch zu Todesfaellen durch das Orellanus-Syndrom kommen. Eine vollstaendige Erholung kann aber trotzdem einen grossen Zeitraum in Anspruch nehmen. (#39/51)

Geschichte:

1952: Es kam zu einer Massenvergiftung in Polen, in deren Folge dass Orellanus-Syndrom entdeckt wurde. (#39/50)

1962: Grzymala isolierte einen Giftstoff auf Cortinarius orellanus, den er als Orellanin bezeichnete. Testa hilt diesen jedoch fuer ein kompliziertes Gemisch aus mindestens 10 Substanzen. Die Ergebnisse von Testa werden heute mit berechtigter Skepsis betrachtet, nachdem Gerault diese Verbindungen in 60 weiteren Pilzarten, unter anderem auch in Speisepilzen, nachweisen konnte. (#39/50)

1979: Antkowiak und Gessner postulierten eine Bipyridiylstruktur fuer das Orellanin. (#39/50)

Steglich ist es gelungen durch ein entkoppeltes 13C-NMR-Spektrum diese Struktur zu bestaetigen. (#39/50)


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie