Das Vordringen halluzinogener Tryptamine in die Drogenszene

 

A. KELICH

(Tiroler Drogenforschungsinstitut)

 

Zusammenfassung

 

Halluzinogene Tryptamine sind im Pflanzenreich weit verbreitet, ebenso kommen sie im Tierreich und im Menschen vor. Sie sind nahe verwandt mit dem Neurotransmitter Serotonin. Ihr Gebrauch ist seit alters her belegt. Inzwischen hat sich ihr Gebrauch auch nach Europa verbreitet und sie spielen zunehmend eine Rolle in den Drogenszenen der einzelnen europäischen Länder, so auch in Österreich. Im vorliegenden Artikel wird zuerst eine kurze Beschreibung der  bekanntesten halluzinogenen Tryptamine gegeben. Anschließend werden die Konsumformen beschrieben.

 

 

1. Die halluzinogenen Tryptamine

 

 

Abb.1. Allgemeine Strukturformel der halluzinogenen Tryptamine

 

Name

R4

R5

R’

Alpha

DMT

H

H

H

Statt NH2 : N-(CH3)2

5-Methoxy-DMT

H

CH3O

H

Statt NH2 : N-(CH3)2

Serotonin

H

OH

H

NH2

Baeocystin

O-PO-(OH)2

H

H

Statt NH2 : NH-(CH3)

Psilocin

OH

H

H

Statt NH2 : N-(CH3)2

Psilocybin

O-PO-(OH)2

H

H

Statt NH2 : N-(CH3)2

DET

H

H

H

Statt NH2 : N-(CH2-CH3)2

DPT

H

H

H

Statt NH2 : N-(CH2-CH2-CH3)2

CY-19

O-PO-(OH)2

H

H

Statt NH2 : N-(CH2-CH3)2

CZ-74

OH

H

H

Statt NH2 : N-(CH2-CH3)2

Tab. 1.: Die halluzinogenen Trypamine und Serotonin (OTT 1993; SCHULTES et al. 1980; SHULGIN et al. 1997; TRACHSEL et al. 2000)

 

1.1. DMT und 5-Methoxy-DMT

 

DMT (Dimethyltryptamin) wurde erstmals im Jahre 1931 synthetisiert und zwar durch Manske (OTT 1993, S. 433; SCHULTES et al. 1980, S. 134). 1955 erfolgte die Isolation durch die Arbeitsgruppe Fish, Johnson und Horning aus den Samen von Anandenanthera peregrina, einer schon seit Jahrhunderten als Halluzinogen verwendeten Pflanze der Neuen Welt (OTT 1993, S. 163; SCHULTES et al. 1980, S. 136). Erst 1965 wurde die Droge durch Stephen Szara et al. als Reinsubstanz DMT in der Form des Hydrochlorids am Menschen getestet (OTT 1993, S. 163).  DMT erwies sich in der Folgezeit als im Pflanzenreich weit verbreitete Substanz. Sie ist in den folgenden Pflanzen enthalten:

Acacia confusa, A. maidenii, A. nubica, A. plebophylla, A. polycantha, A. senegal, A. simplicifolia;
Anandenanthera colubrina, A. excelsa, A. peregrina;
Banisteriopsis rusbyana;
Desmanthus illinoensis;
Mimosa hostilis (K.F.P. Martius) Bentham, M. nigra Huber nom. nud., Mimosa verrucosa Bentham;
Mucuna pruriens;
Phalaris arundinaceae, P. tuberosa;
Trichocereus terschekii;
Virola calophylla, V. calophyllodea, V. pavonis, V. peruviana, V. rufula, V. sebifera, V. theiodora.

Sogar im Tierreich konnte die Substanz nachgewiesen werden und zwar in der Kröte Bufo alvarius.  DMT spielte als Halluzinogen in der Vergangenheit vieler Kulturen eine große Rolle und hat sich diese, beispielsweise am Amazonas, bis heute bewahrt. (ausführlich: SCHULTES et al. 1980) Dort wird die Droge als Schnupfpulver und Trank konsumiert. Man muß aber wissen, dass DMT als Reinsubstanz nicht oral konsumiert werden kann, sondern nur durch Zugabe eines MAO (Mono-Amin-Oxidase)-Hemmers kann dies erreicht werden. Diese Bereitung wird ayahuasca genannt. Als Schnupfpulver konsumiert, wird sie als Epena bezeichnet. Die Droge erzeugt die gleichen Wirkungen wie das allgemein bekannte LSD mit dem es kreuztolerant ist. Der einzige Unterschied ist eine Steigerung des Blutdruckes, wie er beim LSD nicht bemerkt wird. Die Wirkdauer ist, wenn es i.v. konsumiert wird nur sehr kurz – etwa 15 Minuten. Als Trank mit einem MAO-Hemmer dauert die Wirkung bis zu 4-5 Stunden an.  (ausführlich: OTT 1993)

In Europa hat die Reinsubstanz auf der Straße nie eine Rolle gespielt im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten wo immer wieder DMT angeboten wurde.

 

5-Methoxy-DMT (5-Methoxy-Dimethyltryptamin) ist in den folgenden Pflanzen enthalten:

Anandenanthera peregrina;
Banisteriopsis rusbyana;
Mucuna pruriens;
Phalaris tuberosa;
Psychotria viridis;
Virola calophylla, V. calophylloidea, V. peruviana, V. rufula, V. sebifera, V. theiodora. 

 

Auch im Tierreich ist die Substanz in der Kröte Bufo alvarius enthalten.

 

Das Halluzinogen ist nahe mit DMT verwandt. Seine Wirkung ist kaum von jener des DMT zu unterscheiden. So dient es auch für die Bereitung von ayahuasca, aber auch wird die Reinsubstanz als Halluzinogen zum Kaufen angeboten. In den USA ist die Substanz leicht käuflich erwerbbar und war lange Zeit eines der wenigen legal käuflich zu erwerbenden Halluzinogene, bis es endgültig vor kurzem der single convention (Einheitsübereinkommen) unterstellt worden ist. Es ist damit, gleich wie DMT und LSD nicht verschreibungsfähig. Dennoch werden Pflanzenbereitungen, die 5-Methoxy-DMT enthalten in Europa zum Kauf angeboten und können über das Internet bezogen werden. 1955 wurde die erste Synthese von 5-Methoxy-DMT durch Stoll durchgeführt. (OTT 1993) Seitdem wurden auch andere Synthesewege und Extraktionswege beschrieben, die eine Quelle für den Schwarzmarkt darstellen.

 

1.2. Psilocin, Psilocybin, Baeocystin und Norbaeocystin – die Pilzhalluzinogene

 

Psilocin und Psilocybin waren die ersten Wirkstoffe der halluzinogenen Pilze Mexikos, die von Albert Hofmann entdeckt worden sind. Erst viel später wurde erkannt, dass Beaocystin und Norbaeocysten ebenfalls die halluzinogene Wirkung der Pilze mitbeeinflußen.  (GARTZ 1993; OTT 1993) Die Wirkstoffe sind in über 100 Pilzarten enthalten und sind kosmopolitisch vertreten. Überall auf dieser Erde gibt es demnach halluzinogene Pilze, außer in der Arktis und Antarktis. Der Gebrauch ist ursprünglich auf Mexiko beschränkt gewesen, aber nach der Entdeckung des Pilzkultes durch Wasson und Mitarbeiter verbreitete sich die Kenntnis quer durch die Welt. Psilocybin wurde später in der Psychotherapie an Alkoholikern und Gefängnisinsassen getestet. T. Leary publizierte über diese Forschungen. Doch der Gebrauch erreichte auch andere Forscher, die sich intensiv mit dem Einsatz von Psilocybin in der Psychotherapie befassten. Erst durch das Verbot von LSD, Psilocybin und ähnlichen Verbindungen wurden diese Forscbungsarbeiten, bis auf die Schweiz, wo es noch Ausnahmegenehmigungen für die Ärztegesellschaft für psycholytische Therapie gab, verboten. Psilocybin, Psilocin und die neuerlich entdeckten Halluzinogene Baeocystin und Norbaeocystin spielten niemals eine wesentliche Rolle als Reinsubstanzen in der Drogenszene Europas.

 

1.3. Synthetische halluzinogene Tryptamine

 

Die synthetischen Halluzinogene DET und DPT unterscheiden sich von DMT nur durch eine längere Seitenkette am Stickstoffatom wie es der obenangeführten Tabelle entnommen werden kann. Beide Halluzinogene wurden für die Psychotherapie getestet und später verboten. Sie spielten niemals eine Rolle in der Drogenszene Europas.

 

CY-19 und CZ-74  wurden ursprünglich von Hofmann Albert synthetisiert bei der Erforschung der halluzinogenen Pilze Mexikos, wobei Psilocybin und Psilocin als Hauptquellen der Intoxikation festgestellt wurden. Beide Substanzen wurden nur einer kleinen Gruppe von Forschern zugeführt und erreichten niemals die Drogenszene Europas.

 

2. Die Bereitungsformen der halluzinogenen Tryptamine

 

2.1. Yopo, Cohoba und Epena – die halluzinogenen Schnupfpulver

 

Yopo und Cohoba sind der Name  für ein beinahe ausgestorbenes halluzinogenes Schnupfpulver Südamerikas und der Westindischen Inseln. Es wird aus den Samen von Anadenanthera-Arten bereitet. (SCHULTES et al. 1980) Seit kurzem ist es über Internet möglich die Samen zu bestellen. Im Gegensatz zu den Indianern Südamerikas und der Westindischen Inseln werden die Samen nicht geschnupft sondern getrocknet und dann geraucht. Es stellt sich eine halluzinogene Wirkung von wenigen Minuten ein. Der Gebrauch hat sich also von Südamerika nach Europa hin verbreitet. Die Samen können von den Niederlanden aus bestellt werden und haben bereits Österreich erreicht, wo sie in der Halluzinogene-liebenden, sozial angepassten Drogenkultur bereits Fuß gefasst haben.

 

Epena ist ein Schnupfpulver das aus den halluzinogene Tryptaminreichen Arten der Gattung Virola erstellt wird. Der Gebrauch am Amazonas ist heute noch lebendig und wird dort von den Medizinmännern weitergegeben. (OTT 1993; SCHULTES et al. 1980) Bis nach Europa hat sich der Konsum noch nicht verbreitet, obwohl schon einige Virola-Arten angeboten werden im Internet für den Konsum. Doch bis jetzt ist der Gebrauch noch marginal, obwohl von der Stärke der Virola-Arten mit einer starken Verbreitung gerechnet werden muß, da die Pflanzen ungemein reich an Tryptaminen sind.

 

2.2. Ayahuasca – der halluzinogene Trank

 

Ayahuasca oder auch ayahuaska sind ein halluzinogener Trank der aus einem halluzinogenen Tryptamin, meist DMT oder 5-Methoxy-DMT und einem MAO-Hemmer besteht. Dies ist erforderlich, damit die Droge oral konsumierbar wird. Als MAO-Hemmer können sowohl reversible als auch irreversible Hemmer verwendet werden. In der Drogenszene wird vor allem die Harmin-hältige Liane Banisteriopsis caapi als MAO-Hemmer Quelle verwendet, oder auch Peganum harmala, ebenfall Harmin-hältig, und dies auch noch im hohen Grade. Es gibt auch eine Reihe von Bezeichnungen für die entstandene Droge, so spricht man, wenn als DMT-Quelle eine Acacia-Arten verwendet wird von Acacia-huasca, wenn eine pharmazeutische Quelle für den MAO-Hemmer verwendet wird, also ein handelsübliches Antidepressiva auf MAO-Hemmer-Basis von Pharma-huasca. (OTT 1993) Ausgehend von ihrem Ursprungsgebiet am Amazonas erreichte die Droge zuerst die nachbarlichen Ländereien, wo sich erstmals eine Kirche konstituierte deren Konsum als Sakrament ayahuasca vorsah. Dies war die Santo Daimé Kirche. Durch ihre Mitglieder verbreitete sich die Droge langsam auch nach Europa. Es waren nicht nur ihre Mitglieder sondern auch andere Kirchen wie die Unio de vegetal oder auch Rucksacktouristen und Abenteurer die die Droge zuerst in die USA und dann später nach Europa brachten.  (ADELAARS et al. 2006) Dort verbreitete sie sich von den Niederlanden ausgehend über Kreta und Ibiza in die restlichen Länder. Durch Headshops, die vor allem in den Niederlanden angesiedelt waren, wurde der Nachschub an Drogenmaterial gedeckt. Dies geschieht meist anonym über Internet. Heute kann man davon ausgehen, dass ayahuasca bereits in allen europäischen Ländern in den jeweiligen Drogenszenen bekannt ist.

 

2.3. Magic mushrooms – die halluzinogenen Pilze

 

Psilocybin, Psilocin, Baeocystin und Norbaeocystin sind die halluzinogenen Wirkstoffe der als Magic mushrooms bekannten psychoaktiven Pilze. (OTT 1993) Über 100 Arten halluzinogener Pilze bevölkern diesen Planeten. Der in Europa häufigste Pilz ist Psilocybe semilanceata, der sogenannte Spitzkegelige Kahlkopf. (GARTZ 1993) Seit seiner Entdeckung im Jahre 1968 durch Hofmann A. steigt der Konsum durch Drogenkonsumenten an und hat längst Österreich erreicht. Sowohl am Simmering als auch in den Bergen Tirols ab einer Höhe von 1400m gedeiht er prächtig, später, meist getrocknet, wird er oral konsumiert.  Es folgt ein Rausch in der Art des LSD’s, der aber in seiner Dauer auf etwa 6 Stunden beschränkt ist. Es ist mit den gleichen Problemen wie beim Konsum des kreuztoleranten LSD’s zu rechnen. Einer Ausprägung einer körperlichen Abhängigkeit wurde nicht beobachtet, doch es treten immer wieder Drogenpsychosen auf.

Psilocybe cubensis, ein naher Verwandter unseres heimischen Pilzes wird in sogenannten Grow-Boxen zum Züchten angeboten. Vertrieben wird er über einschlägig bekannte Headshops, die meist in den Niederlanden angesiedelt, aber auch bei uns in  Österreich bereits heimisch sind. Der subtropische Pilz gedeiht schnell und die Fruktifikation ist von jedem Laien problemlos durchzuführen. Abschließend ist zu sagen, dass der Gebrauch halluzinogener Pilze in unserem Heimatland bereits weit verbreitet ist.

 

LITERATUR

 

ADELAARS Arno, RÄTSCH Christian, MÜLLER-EBELING Claudia (2006): Ayahuasca. Rituale, Zaubertränke und visionäre Kunst aus Amazonien, AT Verlag, Baden, München.

 

GARTZ Jochen (1993): Narrenschwämme: Psychotrope Pilze in Europa, Editions Heuwinkel, Basel.

OTT Jonathan (1993): Pharmacotheon: Entheogenic drugs, their plant sources and history, Natural Products, Kennewick.

RÄTSCH Christian (1998): Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Botanik, Ethnopharmakologie und Anwendung, AT-Verlag, Wiss.-Verl.-Ges., Aarau/Schweiz, Stuttgart.

SCHULTES Richard Evans; HOFMANN Albert (1980): The botany and chemistry of hallucinogens, 2. Aufl., Charles C. Thomas.

SHULGIN Alexander, SHULGIN Ann (1997): TIHKAL. The Continuation, 1. Aufl., Transform Press.

 

TRACHSEL Daniel, RICHARD Nicolas (2000): Psychedelische Chemie, 1. Aufl., Nachtschatten Verlag.

 

 

Anschrift des Verfassers:

Andreas Kelich

Gartenweg 1

A-6060 Ampass

 

Email: sardon@catbull.com

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