Präsidentensturz in Bolivien

Jetzt wurde er also gestürzt, der bolivianische Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada! Es war ganz klar abzusehen, denn die Massen an Demonstranten/innen nahmen täglich zu und der Zorn des Volkes über die Machenschaften des "Gringos" Sanchez de Lozada wurde immer grösser. Die Gründe für den Aufstand lagen darin, dass das Volk, allen voran die Bauern und Minenarbeiter, mit zunehmender Armut zu kämpfen hatten. Durch den - von der bolivianischen Regierung - geplanten Ausverkauf von Gasressourcen an diverse Staaten würde ein armes Land wie Bolivien ein sicherer Zusammenbruch bevorstehen. Die Proteste hatten sich schon vor Wochen zu einem landesweiten Aufstand entwickelt. Am 12. Oktober eskalierte die Lage in El Alto, wenige Kilometer oberhalb der bolivianischen Haupstadt La Paz. Gewaltsam versuchten Polizei und Militär Straßenblockaden zu durchbrechen und verübten ein Massaker, an dem etwa 30 Menschen umkamen und 100 zum Teil schwer verletzt wurden. Am nächsten Tag, 13. Oktober, fanden in der Innenstadt von La Paz extreme Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten/innen und Militär statt. Durch die Strassenblockaden waren mehrere Orte von der Aussenwelt abgeschnitten. Danach kam es noch öfter zu tödlichen Kämpfen zwischen dem Volk und der Staatsgewalt. Dabei schoss die Polizei und das Militär in Menschenmassen und tötete und verletzte viele Menschen. Mittlerweile hatten sich die Proteste und der Widerstand sogar gegen die neoliberale Politik der Regierung ausgeweitet. Generalstreiks wurden ausgerufen, die Minenarbeiter verlangten nach einer Vergesellschaftung der Minenbetriebe und Koka- und Hochlandbauern schlossen sich den Protesten an. Das erste Resultat war, dass einige Minister zurücktraten.

Zehntausende Menschen zogen Richtung La Paz um in der Innenstadt für den Rücktritt des Präsidenten zu protestieren. Am 17. Oktober gegen 16 Uhr Ortszeit (laut Indymedia) unterschrieb Sanchez das Rücktrittsschreiben. Die Massen feierten auf den Strassen und Sanchez sitzt jetzt wahrscheinlich in einem gemütlichen Zimmer irgendwo im Exil in Miami (!) - bei seinen geilen Freunden/innen, bei Kaffee und Kuchen - während sich bolivianische Bauern und -innen, Minenarbeiter (/innen?), Studenten/innen und hunderttausend andere Einheimische gegen Hunger und Elend durchsetzen müssen und nebenbei noch eine neue, faire Staatsstruktur auf Basis einer Regierung bilden sollen. Was kann man sich daraus jetzt erhoffen? Und vor allem: Wie sieht die Zukunft der Bevölkerung aus? Bolivien ist gezeichnet von seinen politischen Umstürzen und Revolutionen in den vergangenen Jahrzehnten. Vielleicht lernt mensch ja jetzt mal aus solchen Geschehnissen und überlässt einzelne Gebiete einer autonomen Selbstverwaltung. Es ist doch ganz klar, dass nur der Bauer/die Bäuerin selbst weiß, was das Beste für ihn/sie darstellt, und nicht irgendein Heini, der den Bezug zur Realität schon lange verloren hat. Und anhand solch einer Massenbewegung ließ sich auch erkennen, wie eng der Zusammenhalt im Volk verschweisst ist. Eben diese Bewegung sollte als klare Absage einer nur sich selbst nützenden Regierung angesehen werden. Boliviens Bevölkerung hat es satt, immer nur von korrupten und selbstherrlichen Politikern voller verlogener und hinterfotziger Versprechungen regiert zu werden. Mensch kann ja hier nicht einmal von "regieren" sprechen: Unterdrücken und ausnutzen wären wohl die passenderen Begriffe. Ausserdem stellen die Geschehnisse eine klare Ablehnung von Kapitalismus und neoliberaler Politik dar. Die Erdgasvorkommen in Bolivien gehören gar keinem Menschen, und schon gar nicht irgendwelchen profitgeilen Multis, die mit ihrem Geldsystem alles anzueignen und zu verwerten versuchen. Aber bei aller "revolutionären" Entwicklung: Es bleibt natürlich bei dieser grausigen Eigentumsmentalität: Wem was gehört, darüber soll eine Volksabstimmung entscheiden. Mensch braucht dann wohl kein/e grosse/r Klugscheisser/in zu sein, um das Ergebnis vorherzusagen - sollte diese Abstimmung tatsächlicht stattfinden, denn 100%ig ist dies noch nicht. Die Zukunft Boliviens sieht wiedermal nach nichts Brauchbarem aus, auch wenn zur Zeit der ehemalige Vizepräsident Carlos Mesa das Amt des Präsidenten als Übergangslösung übernimmt. Er trägt nämlich Mitschuld an den Verbrechen an den Demonstranten/innen. Und das wissen die aufständischen auch. Ich bezweifle, dass sich Mesa lange halten kann geschweige denn die vorgezogenen Neuwahlen gewinnt, denn ich denke, dass das nicht das Ziel des Volkes war, wieder einen neuen Präsidenten zu erschaffen. Würde wieder auf die gleiche Scheisse hinauslaufen. Eine Veränderung, die nichts verändert. Das Ziel ist wohl die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie, die eigentlich nichts anderes darstellt als eine "Scheindemokratie" und die Abschaffung eines sowieso nicht funktionierenden Staatsapparates, der das gesamte Land an andere Länder verkaufen will. Oder warum werden die Streiks aufrecht erhalten? Eben weil das Volk entschlossen ist, den Kampf bis zum Schluss zu führen. Es gab bis jetzt ungefähr 70 tote - alles Demonstranten/innen. Doch die Masse an Protesten hat Sanchez in die Knie gezwungen. Das sollte allen kommenden Staatsoberhäuptern eine Lehre sein. Hoffen und mit dem bolivianischen Volk solidarisieren.
(Öltsch)