Epitaph und das Bedürfnis nach mehr Kohle

Auf geht's in die Welt des Kommerz. Wo "Punk" oder "Hardcore" nur noch Wörter darstellen, wo's nur um schnelle Musik mit inhaltsleeren Phrasen geht, wo's nur noch darum geht, den Massen qualitativ perfekt aufgenommene und abgemischte CDs anzudrehen. Und damit du das auch alles frisst, gibt's auf der Epitaph Page öfter mal ein Gewinnspiel - zur Zeit reissen sich die Massen um einen DVD Player. Und weil die Jungs & Mädels jede Hoffnung auf anti-kapitalistische bzw. D.I.Y.'sche Strukturen aufgegeben haben, darf man die neuesten Hochglanzprodukte auch gleich vom Media Markt oder in jedem Kaufhaus beziehen. Gleich neben den Pelzmänteln oder nicht weit weg von 'nem Sony Breitbild TV. Oder neben den tollen Chiquita Bananen, mit den ca. 347 Fingerabdrücken von 8 - 15jährigen. Doch lassen wir all diese Sachen hinter uns, denken wir nicht dran, denn was uns nicht betrifft, interessiert uns doch nicht. Ausserdem haben wir selber schon genug Probleme und müssen uns um viel zu viele Dinge kümmern (das Auto gehört nämlich auch mal wieder gewaschen...). Fernab von diesem ganzen uninteressanten und unwichtigen Sachen marschieren wir also in den Müller in Innsbruck und kaufen uns den neuesten Epitaph Labelsampler. Zu hören gibt's all die bekannten Bands, welche zur Zeit von 3/4 aller Wohlstandsmenschen als "Punk" bezeichnet werden: Distillers, Rancid, Bouncing Souls, Nofx, etc. etc. Das sind alles Bands, die ich alle mal gehört hab und sehr gern gemocht hab (Nofx waren für mich Götter!!!). Manchmal finde ich mich auch gerade dabei, eine gute alte Rancid zu hören. Oder Bad Religion. Oder Raised Fist. Doch da mach ich ganz klar einen Unterschied. Der Sound all dieser Bands ist zum Teil wirklich in Ordnung, teilweise sogar extrem gut, zB Death By Stereo, die alten Distillers (als ich die neue bei 'ner Freundin gehört hab, hätte ich fast kotzen müssen, wohl zu viel Depeche Mode gehört, Brody!?), Bombshell Rocks oder F-Minus (beste Band auf Epitaph!). Doch nur der Sound. Einfach guter, schneller Rock. Denn Punk ist dann was anderes. Punk ist nicht Musik allein. Musik ist ein wichtiger Teil von Punk. Punk ist auch nicht nur politischer Aktivismus. Punk ist genau so Gefühle zu zeigen und über Gefühle zu singen/reden - wenn man so will. Punk ist einfach die Synthese aus diesen Dingen. Natürlich gibt's stellenweise mal ein "Fuck Bush!" zu hören und jeder von denen weiß, dass Nationalsozialismus und Krieg scheisse ist, aber sich aktiv zu engagieren!? Nö. Da fehlt die Motivation. Lieber den/die Rebell/in aka "Punk" daheim hinterm CD Player oder hinter der Gitarre raushängen lassen. Da ändert auch Punkvoter.com nichts. Oder wer glaubt, dass das wirklich was ändert!? Und dass im Booklet keine Texte, sondern die verschiedenen, dazugehörigen Releases aufgelistet sind, zeigt auch schon wieder um was es eigentlich geht...

Und was ich absolut nicht packe: Diese ganzen New-School-Intelektueller-Langhaar-Schnitt-Studenten Bands, die in den letzten 2-3 Jahren auf Epitaph gesignt wurden. Motion City Soundtrack, Sugarcult, blabla... Was soll denn das sein!? Hippie Rock'n Roller mit reformistischen Texten!? "Süüüsss..." ARGH! Verrecken sollt ihr! Erhängt euch selbst mit euren Stimmbändern! Seit längerer Zeit gibt's auch politische Hip Hop Acts auf Epitaph. Aber das gleiche Problem: Davon singen und singen und singen... und aus. Und Spass hat's gemacht.

Trotz all dem ganzen Schund hab ich eines nicht vergessen: Solche grossen Labels, die in diesem Kapitalismusteufelskreis hängen, haben schlussendlich auch eine nicht zu verachtende gute Seite bzw. Wirkung. Wie kommt man denn zu Punk/Hardcore!? Wenn man wirklich niemanden hat, der irgendwie was mit Individualismus, Anarchismus, schnell-brutal-aggressiver Musik zu tun hat - was macht man dann bitte!? Schnipsen und plötzlich hält man 'ne Aus-Rotten Scheibe in den Armen!? Nein, man sitzt vor'm Fernseher, gibt sich MTV oder Viva und sieht dann mal zufällig so 'nen "rebellischen" Clip oder 'ne Werbung vom neuen Distillers Album (muahahaa...) und denkt sich: "Geil, wie cool und wie undergroundig...". Hehe. Sofort in den Saturn oder wie sie alle heissen und das Ding gekauft. Hängt man nach einiger Zeit noch immer mit den selben CDs herum, fängt man mal an Texte zu lesen. Da fängt man dann (manchmal natürlich auch nicht...) nachzudenken an, beschäftigt sich immer ein bisschen mehr mit Weltgeschehnissen und so Stuff, ne!? Dann bekommt man schon ein bisschen ein komisches Gefühl, wenn da dann so Kinder sterben und so... und schießen und Bomben und so... Später überlegt man dann mal, was denn die Gründe dafür sein könnten. Ob Geld im Spiel ist, ob krankhafter Hass mit im Spiel ist, ob Gott wiedermal Märchenstunde hat usw. Von da an geht's bergauf, hehe. Man wird wütend auf gewisse Leute, man wird wütend auf gewisse Geschehnisse. Das spiegelt sich dann wiederum in einer aggressiveren Musik, da müssen dann schon härtere Sachen herhalten. Ausserdem will man keine sinnlosen Lyrics mehr, sondern Texte mit Inhalt - mit Denkanstössen. Da wären wir dann an 'nem Punkt, an dem man sich das erste Buch kauft und sich regelmässig informiert. Selber fertig denken.

Insofern kann man das dann als "Einstiegsdroge" definieren. Nur: Bei wievielen Menschen fungieren diese Bands als "Einstiegsdrogen"!? Auch wieder Diskussionstoff. Scheisse, ich hab keine Lust mehr. Vielleicht erweitere ich diesen Text noch, denn ich hab hier viele Sachen nicht berücksichtigt und ein paar Aspekte bedürfen noch einer genaueren Erklärung. Alles klar, also:

TO BE CONTINUED...
(Öltsch)