Von Großevents, Kämpfen und Veränderungen
Zum G8 Gipfel 2007 in Heiligendamm

Anfang Juni steht der G8 Gipfel im deutschen Heiligendamm an. Das ist ein Stadtteil von Bad Doberan, das an der Ostseeküste liegt. Vom 6. bis zum 8. Juni wird dort ein Treffen der acht mächtigsten RegierungsbonzInnen inszeniert: USA, Großbritannien, Japan, Frankreich, Deutschland, Italien, Russland und Kanada.

Das Spektakel des G8

Was dort verzapft wird, könnt Ihr Euch vielleicht vorstellen: Merkel und Putin wetteifern um die langweiligste Miene, Bush ergötzt sich an tausenden auf ihn gerichteten Kameras, Tony Blair lungert vorm Mikrofon und kämpft mit seinen Augenlidern, Shinzo Abe will wieder nach Japan zurück und Romano Prodi sucht in der Menge seinen Silvio, weil er sonst nicht weiß, mit wem er streiten soll. Weil eines ist gewiss: Grundlegende Entscheidungen werden dort nicht getroffen. Beim Gipfel der G8 geht es ums Spektakel der Herrschaft. Abgesichert von 13 km langen Grenzzäunen und tausenden von Cops, die nicht nur Pistolen und Wasserwerfer bedienen, sondern auch Radpanzer und Hubschrauber, stellen sich die RepräsentantInnen des Kapitals den Kameras unzähliger Medienunternehmen. Dieser Haufen an bourgeoisen Amateurgrinsern ist beliebig austauschbar. Trotzdem sind sie aufgrund ihrer Aufgaben und Positionen nützliche IdiotInnen einer Gesellschaft, bei der nicht der Mensch, sondern der Profit im Mittelpunkt steht. Die Regierungen und Wirtschaftsvertreter der G8 sind nunmal diejenigen, die mehr als alle anderen die Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen vorantreiben und optimieren.

Rasse, Geschlecht, Nation und Klassenkampf

Das bedeutet nicht, dass die entlohnten und unentlohnten ArbeiterInnen (Bauern, Hausfrauen, Angestellte, Industrie, etc.) völlig hilflose und ausgelieferte Kreaturen des Kapitalismus und seiner Handlanger sind. Und unschuldig an ihrer Misere sind sie erst recht nicht! Schlussendlich waren es schon immer jene Unterdrückten und Ausgebeuteten, die einerseits konkrete Verbesserungen für sich erkämpft haben und sich andererseits des Rassismus, Sexismus und des Festhaltens am Chefsessel bedienten, um sich von "anderen" abzugrenzen. Der österreichische Arbeiter schimpft oft über den türkischen und umgekehrt. Die deutsche Hausfrau flucht über die polnische und umgekehrt. Und der italienische Fabriksarbeiter will seine Frau am liebsten zu Hause an den Herd ketten, während er mit seinen Kumpels streikt. Das sind alles Verhaltens- und Denkweisen, die einen gemeinsamen Kampf der Ausgebeuteten verhindern!

Jedoch dürfen wir bei aller Spaltung der Unterdrückten eines nicht außer Acht lassen: Es sind einige wenige, die über die Rahmenbedingungen unseres täglichen Lebens entscheiden! Und das Treffen der G8 bringt dies zum Ausdruck. Religiöse Spinner, die anstatt Gott die "höheren Wesen" namens Ware und Profit anbeten, versuchen die ganze Scheisse noch asozialer und menschenunwürdiger zu gestalten. Und langweilige ExpertInnen, die im Dienste der Herrschaft stehen, labern was von "Wachstum und Verantwortung" (so das offizielle Motto des diesjährigen G8 Meetings).

Dagegen formiert sich jedes Jahr der breiteste Protest. Abgesehen von Spacken wie den selbsternannten Sozialarbeitern namens U2 und diversen GewerkschaftsfunktionärInnen entwickelte sich eine kämpferische Bewegung, die den Kapitalismus nicht nur in Frage stellt, sondern ihn ein für alle Mal zerstören will. Von Seattle über Genua nach Heiligendamm. Nein, gemeint ist nicht die linksakademische Kopfgeburt namens "Multitude" [*], sondern immer wiederkehrende Klassenkämpfe, die sich gegen die kapitalistische Unterdrückung und Ausbeutung wenden und die die Spaltungen aufgrund von Hautfarbe oder Geschlechtern überwinden! Es ist wichtig, diese Kämpfe als Klassenkämpfe zu bezeichnen, weil damit der Klassencharakter des Kapitalismus verstanden wird und er sich nicht hinter einer "sozialen Bewegung" verstecken kann. Außerdem ist es falsch, bei Klassenkämpfen nur an Fabrikskämpfe zu denken. Sind etwa die StudentInnen, Hausfrauen oder Zapatistas BesitzerInnen von Produktionsmitteln, die ihr Überleben sichern? Oder müssen sie, um Verbesserungen zu erreichen, gegen den Kapitalismus und seine herrschende Klasse kämpfen? Wir alle, egal ob LohnarbeiterInnen, StudentInnen, Hausfrauen, Bauern, etc. haben nämlich eines gemeinsam: Der Kapitalismus macht zwischen uns keinen Unterschied, wir sind austauschbare Körper, dafür da, um zu (re-)produzieren, um Profit abzuwerfen!

Veränderungen durch Kämpfe

Manchmal geht's eben nicht anders und mensch hat die tägliche Schufterei, das tägliche Produzieren von Millionen sinnloser Dinge, das zwanghafte Lernen für die eigene Karriere und den Alltagsstress satt. Radikale Verbesserungen müssen her. Raus auf die Straße, gemeinsam blau machen, nichts tun, seinem/ihrem Unmut Ausdruck verleihen, sich austauschen, zusammen protestieren und Widerstand (er-)leben. Natürlich braucht es dazu keinen G8 Gipfel mit krass organisierten Resitance Camps, groß angelegten Demonstrationen und unzähligen inhaltlichen Erklärungen, warum, weshalb und überhaupt (die findet Ihr übrigens massenhaft im Internet!). Aber so ein Gipfel in unserer Nähe bietet nicht nur die Chance an einem breiten Protest teilzuhaben, sondern vor allem auch auf das Kennenlernen von Leuten aus anderen Zusammenhängen und anderen Kontinenten, mit denen wir nicht nur unseren Stress und unsere Ausbeutung gemeinsam haben, sondern auch das Interesse am Kampf dagegen. Denn wenn etwas die alte Scheisse zum Tanzen zwingt, dann sind es Kämpfe, offene Mäuler, besetzte Schulen, stillstehende Förderbänder, leere Büroräume und fliegende Steine! Weil wir eben wissen, dass nichts auf dieser Welt von selbst geschieht!

Infos im Netz gibt es wie Sand am Meer!
www.gipfelsoli.org
www.g8-2007.de
www.dissentnetwork.org
www.no-g8.tk
... and many more!

[*] Michael Hardt und Antonio Negri haben zwei Bücher darüber geschrieben: Empire und Multitude.
(Öltsch)