Datura metel Linnaeus

Pflanzenbild Bildquelle. 1. Bluete. 2. Blaetter. 3. Samenkapsel.

Andere Namen:

D. alba, (#32) D. fastuosa, (#32, #45, #95) jous-mathel, datora, tatorah (arab.), dhustura, unmata (goettlicher Rausch, Sanskrit); (#32) dhatura, dutra, (#32, #45, #62) unmata, unmeta (ostindisch); Man-t'o-lo (chin.), (#32) concombre zombi (Haiti), (#62) Jouz-mathal (arab.), (#11) jouz-mathel. (#45) Entire-leaved Thorn-Apple (engl.). (#146)

Inhaltsstoffe:

Die wirksamen Inhaltsstoffe sind Tropanalkaloide. (eigen) Das Hauptalkaloid (#32, #45) ist l-Skopolamin. (#11, #15, #32, #45) Die Nebenalkaloide sind Meteloidin, (#11, #45) Hyoscyamin, (#11, #15, #45) Norhyoscyamin, Norscopolamin, Cuscohygrin und Nikotin. (#45) Der Gesamtalkaloide der Fruechte betraegt 0,12%, der Blaetter 0,2-0,5%, der Wurzeln 0,1-0,2% und der Samen 0,2-0,5% Alkaloide. (#45)

Aussehen:

Die Pflanze ist ein bodenbedeckendes Kraut, dass manchmal strauchaehnlich ist und bis zu 1-2m hoch wird. Die Blaetter sind dreieckig-eifoermig, gebuchtet, tief gezaehnt, 14-22cm lang und 8-11cm breit. Sie hat einzeln stehende Blueten, die bei voller Entfaltung fast kreisrund sind. Die Frucht ist haengend, rund, auffallend hoeckerig oder stachelig. Sie entbloesst bei der Oeffnung flache, hellbraune Samen. (#11) Der haeufigste Typ ist weisslich-bluehend. Die Bluetenraender sind leicht violett eingefaerbt. Die Fruechte sind kastanienaehnliche, stachelbesetzte Aepfel (nux metel, Metelnuss). (#32)

Vorkommen:

Die Pflanze kommt in tropischen (#11, #45) und warmgemaessigten Zonen beider Hemisphaeren vor. Sie gedeiht vor allem in Afghanistan, Pakistan und Indien. (#11) Sie ist heimisch in Asien. Sie ist nun im tropischen und subtropischen Asien, Afrika und Amerika weit verbreitet. (#45)

Pflanzl. Fam.:

Solanaceae - Nachtschattengewaechse

Allgemeines:

Die Heimat der Pflanze ist vermutlich die Gebirgsregion von Pakistan, oder weiter westlich in Afghanistan gelegen. In der Alten Welt ist sie offensichtlich die wichtigste Art der Gattung Datura, die fuer medizinische und halluzinogene Zwecke genutzt wird. Sie ist heute vor allem in Indien, Pakistan und Afghanistan gebraeuchlich. (#11) Sie soll in China als halluzinogene Pflanze in Gebrauch gewesen sein. (#15) Datura, genauer gesagt dhatura, ist von dem Sanskrit-Wort "dhat" abgeleitet, dass zur Bezeichnung einer Droge diente, das eben aus dieser D. m., einer indischen Stechapfelart, gewonnen wurde. Linnaeus uebernahm diese Bezeichnung als Gattungsnamen fuer die Pflanzenfamilie der Stechaepfel. (#18) Die weissbluehende D.m. wurde mitunter auch D.alba genannt. Die gelb oder purpur bluehende Varietaet wurde auch als D. fastuosa gefuehrt. Der Gebrauch als Rauschmittel ist in Indien weit verbreitet. Die Samen werden dabei bevorzugt mit Alkoholika kombiniert. Der Gebrauch von Daturasamen als Aphrodisiakum ist in der indischen Volksmedizin seit fruehester Zeit belegt. In China wird Man-t'o-lo (D. alba) bei verschiedenen Krankheiten medizinisch verwendet. D.m wird in der Kombination mit Hanf oder Wein als Narkotikum gebraucht. In West und Zentralafrika wird die Stechapfelart D. fastuosa als Rauschmittel benutzt. (#32) D.m. und D. stramonium (der Gemeine Stechapfel) sind als concombre zombi in Haiti bekannt und werden dort als Gegengift zum betaeubenden und den Tod simulierenden "Zombi-Gift" verwendet. Dieses Gift setzt sich aus einer Reihe von giftigen Pflanzen und Tieren zusammen. Als Inhaltsstoffe sind vor allem der Tetrodoxin-beinhaltende Pufferfisch und die giftige Kroete Bufo marinus zu nennen. (#62) Die Blaetter der weissbluehenden Varietaet (oft auch als eigene Spezies D. fastuosa bezeichnet) werden mit Cannabis oder Tabak vermengt in Teilen Afrikas und Asiens geraucht. Noch heute werden in Indochina haeufig die mit Cannabis oder Tabak vermischten Samen oder zerstossenen Blaetter geraucht. Sie wird haeufig neuerding fuer kriminelle Zwecke gebraucht. (#45) In Hampi, im Bundesstaat Karnataka des Landes Indiens, warnen von der Polizei aufgestellte Tafeln vor mit D.m. versetzten Essen. Die Opfer wurden betaeubt und beraubt. Diese Unsitte ist aber ueber ganz Indien verbreitet und ist auch in einer Reihe anderer Laender gang und gaebe. (eigen)

Pflanzenbild Bildquelle. 1. Bluete, geoeffnet. 2. Samenkapsel. 3. Blaetter.

Wirkungen:

Vergiftungen durch Datura-Arten fuehren im allgemeinen zu den gleichen Symptomen wie die durch Atropa-Arten. Die Pulsbeschleunigung und Roetung des Gesichts koennen fehlen. Die zentralerregenden Wirkungen des Atropins sind haeufig zugunsten der zentrallaehmenden Scopolamin-wirkung zurueckgedraengt. Von Datura-Samen koennen fuer Kinder schon 15 Stueck toedlich sein. (#17) Die Wirkung ist gleich dem Stechapfel (Datura stramonium) und es soll an dieser Stelle an die ausfuehrlicheren Beschreibungen bei dieser Pflanze verwiesen werden. (eigen)

Geschichte:

In Indien ist die Pflanze seit praehistorischen Zeiten bekannt. (#45) Fruehe Sanskrit- und chin. Schriften berichten ueber D.m. (#11, #45) In China wurde die Pflanze oft fuer 'heilig' gehalten. (#45)

11. Jhdt.: Eine Erwaehnung stammt von dem arabischen Arzt Avicenna (Abu Ali Ibn Sina). (#11, #32, #45) Er gibt an, dass die Araber die Pflanze medizinisch nutzen, dass sie in geringeren Dosen berauschend, in hohen Dosen dagegen toedlich wirkt. Sie hiess jous-mathel, datora oder tatorah. Der Stechapfel wurde von den Arabern zu den mokederrat, den Narkotika gerechnet. (#32) Sie wurde auch unter dem Namen Jouzmathal ("Metel-Nuss") beschrieben. Die Bezeichnung Metel entstammt diesem arab. Wort. (#11) Ebenso wird die Droge jouz-mathel genannt. (#45)

1578: Acosta berichtet von den "East Indies??", vermutlich Ostindien, das waere das heutige Indien, von einem aphrodisierenden Gebrauch. (#11, #45/283)

17. Jhdt.: Auch bei Ernst Freiherr von Bibra taucht die Behauptung auf, dass in Goa Stechapfelbereitungen zur Betaeubung abgegeben wurden. (#95) Eine andere Version taucht uebrigens wieder veraendert bei Jonathan Ott auf, der schreibt: Sie wurde in Goa, Indien, von Frauen benutzt, um sich Maenner gefuegig zu machen, indem man sie betaeubte. (#62, #95)

Die Stelle liest sich bei Bibra so:

" ŽLiederliche WeiberŽ, sagt er, "bewahren sie unter ihren kostbaren Arcanen auf, mischen 0,5 Drachmen davon fein gerieben in Speise und Trank der Maenner, welche dann heiter werden und zu lachen anfangen, aber auch weinen, schreien und sonderbare Gebaerden machen, bis sie einschlafen oder schlaftrunken schwatzen, aber ohne alles Bewusstsein. Waehrend der Zeit thun die Weiber was ihnen beliebt, ohne dass es die Maenner sehen, auch wenn sie die Augen offen haben. Sie wissen diese Betaeubungsmittel so einzurichten, dass die Tollheit nur einige Stunden dauert, oder 24, ober auch 4 bis 6 Tage. Dies ist eine allgemein geuebte Kunst in Goa, obschon grosse Strafe darauf gesetzt ist."

Dazu ist abschliessend zu sagen, dass es sicherlich auch ueberall einen Missbrauch des Stechapfels gegeben hat, wo dieser bekannt war. Tatsache ist auf jeden Fall, dass man mit Stechapfel Menschen betaeuben, berauschen oder ermorden, aber auch heilen (Asthmatiker) kann. Verbrecherische Anwendungen von Drogen hat es immer gegeben. Wie Bibra und Jonathan Ott ausgerechnet auf Goa gekommen sind, ist mir unklar. Inwieweit rassische Vorurteile und die Diskriminierung von Frauen in obengenannter Quelle gewertet werden muessen, bleibt jedem selber ueberlassen. Historische Quellen geben eben den Zeitgeist wieder ...(eigen)

Was von der Royal Society als Rauschgift Datura bezeichnet wurde, war sicherlich D. m. Diese wurde in ihrem Heimatland von den Thugs, den Verehrern Kalis, der 'Goettin der Fruchtbarkeit und des Todes', eingesetzt, um die von ihr geforderten Menschenopfer zu betaeuben; zum anderen verwendeten sie die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft, um sich in einen Zustand der 'Besessenheit' zu versetzen, der es ihnen ermoeglichte, die bevorzugten Opfer - zufaellig Vorbeireisende - furchtlos anzugreifen, zu betaeuben und letzendlich zu toeten. Berechnungen ergaben, dass die Thugs auf diese Art und Weise im Verlaufe einiger Jahrhunderte mehr als 100.000 Menschen getoetet hatten, bevor es den Behoerden Mitte des vergangenen Jahrhunderts gelang, sie auszumerzen, schreibt Harold Hansen in seinem "Hexengarten". (#18)

In Indien gehoert D.m. sicherlich zu den aeltesten Heilmitteln. Sie ist unter den Sanskritnamen dhustura oder unmata, "goettlicher Rausch", und den ostindischen Namen dhatura, dutra, unmata oder unmeta bekannt. Der Gebrauch von Daturasamen der Thugs fuer ihre verbrecherischen Absichten ist ueber ganz Asien verbreitet. In Indien ist der Stechapfel 'heilig' und dem 'Gott' Shiva geweiht. Nach dem Vamana Purana ist die Daturapflanze aus der Brust des Shiva gewachsen. Nach einer Anleitung im Garuda Purana sollen am 13. Tag des zunehmenden Mondes im Januar dem 'Gott' Yogashwara (=Shiva) Daturablueten geopfert werden. Yogis und Sadhus rauchen Shiva zu Ehren die Blaetter, Blueten oder Samen mit Hanf vermischt: "Beide Pflanzen sind dem Shiva heilig ... Die Rauchmischung aus ganja (weibl. Cannabisblueten) und Dhatura erfuellt die kosmologischen Prinzipien des 'Gottes', naemlich seine Androgynie. Ganja ist der weibliche Aspekt und Dhatura der maennliche; beides vereint ist die in Shiva, dem Androgyn, vollkommene Ureinheit und kosmische Schoepferkraft. Die Rauchmischung, die mit 2 Hoelzchen, die den weiblichen und maennlichen Aspekt darstellen, entzuendet werden muss, und die durch Shiva transformiert wird, weckt die aphrodisierende Schoepferkraft und aktiviert die im Becken ruhende aufgerollte Kundalinischlange." (#32) In Indien nannte man sie auch den Busch Shivas. (#45)

1735: Der Begriff Datura wurde von Linnaeus aus dem Namen dhatura oder dutra in Indien abgeleitet. (#45)

1855: Ernst Freiherr von Bibra veroeffentlichte sein Buch "Die narkotischen Genussmittel und der Mensch" und beschreibt dort noch D. fastuosa und D. metel getrennt. (#95/140)

1949: Henry beschaeftigte sich mit der Chemie von D. metel und den Nebenalkaloiden. (#45/287)

1973: Hegnauer beschaeftigte sich mit der Chemie von D. metel und den Nebenalkaloiden. (#45/287)

Wirkdauer:

Aufgrund der sehr nahen Verwandtschaft und den gleichen Inhaltsstoffen wie bei Datura stramonium (dem Stechapfel) ist mit der gleichen Wirkdauer, einschliesslich aller Nachwirkungen, von 2-3 Tagen zu rechnen. (eigen)

Pflanzenbild Bildquelle. Die Pflanze.

Gegengift:

Physiostigmin wirkt als Gegengift und steht im Mittelpunkt der medikamentoesen Behandlung. Das Hauptrisiko der Vergiftung ist eine zentrale Atemlaehmung. Diese kann durch kuenstliche Beatmung abgewendet werden. Temperatursenkende Massnahmen und bei Erregungszustaenden die Gabe von Diazepam (Valium®), i.v. in kleinen Dosen, ergaenzen die Behandlung wirkungsvoll. (#2)

(Es muss darauf hingewiesen werden, dass es zu keiner Verstaerkung der Atemlaehmung kommen darf; es empfehlen sich die allgemeinen Massnahmen der Ersten Hilfe und die Herbeirufung eines Arztes; ich glaube nicht, dass Valium besonders gut geeignet ist; es empfehlen sich sicherlich zuerst Methoden des sogenannten "talk-downs";) Es muss an dieser Stelle an die ausfuehrlichen Beschreibungen bei Mandragora officinalis (Alraune) oder Datura stramonium (Stechapfel) verwiesen werden, wo auch ausfuehrliche Beschreibungen der entsprechenden Rauschzustaende und deren Aufhebung beschrieben ist. (eigen)

Warnhinweise:

Das Fuehren von Kraftfahrzeugen und das Betreiben gefaehrlicher Maschinen ist nicht moeglich! Aufgrund der Laehmung des Pupillenmuskels kommt es bereits bei geringen Dosen zu unscharfen Sehen! (eigen)

Schon bei mittleren Dosen kommt es bei Nachtschattendrogen die Tropanalkaloide (wie Scopolamin oder Hyoscyamin) enthalten zu Halluzinationen, die im Gegensatz zu den Pseudohalluzinationen der serotenergen Halluzinogene (LSD, Psilocybin, Meskalin,...), als taeuschend echt empfunden werden. Der Berauschte sieht Dinge, die nicht vorhanden sind und ist damit im normalen Leben hoechstens gefaehrdet einen Unfall zu erleiden. (eigen)

Bei hohen Dosen tritt der atemlaehmende Effekt in den Vordergrund und der Berauschte droht zu ersticken. Es besteht hoechste Lebensgefahr! (eigen)

Bei versehentlichen Vergiftungen mit Tropanalkaloid-haeltigen Nachtschattendrogen muss auf jeden Fall ein Arzt gerufen werden, oder die Rettung, da man nie weiss, wieviel an Droge aufgenommen wurde - gerade die schoenen Beeren, der meisten Nachtschattendrogen, werden gerne von Kindern eingenommen, da sie zudem sehr suess schmecken, ist die Gefahr besonders gross! Es besteht Lebensgefahr! (eigen)

Die Wirkungen dauern bis zu 3 Tagen und damit ist es kaum moeglich den Berauschten so lange sicher unterzubringen ohne fremde, professionelle Hilfe. Es besteht grosse Gefahr durch die unscharfe Sicht einen Unfall zu erleiden! Suchen sie unbedingt Hilfe bei Aerzten, Drogenberatungsstellen und dem allgemeinen Giftnotruf. Nachtschattendrogen sind legal, also brauchen Sie auch keine Verfolgung seitens der Behoerden befuerchten. (eigen)

Es gibt ein spezifisches Gegengift, Physiostigmin, mit dem die Wirkung sofort aufgehoben werden kann! Eine Behandlung mit einem ruhig-stellenden Beruhigungsmittel ist nicht ausreichend, weil der Berauschte unter den Halluzinationen leidet! Neuroleptika sind nicht wirksam, andere atemdepressive Beruhigungsmittel, wie z.Bsp. Barbiturate erhoehen die Gefahr einer Atemlaehmung! (eigen)


Bildquellen:

Abb.1.: Zeichner/in: unbekannt; Quelle: unbekannt;

Abb.2.: Zeichner/in: unbekannt; Quelle: unbekannt;

Abb.3.: Zeichner/in: unbekannt; Quelle: Britton & Brown Illustrated Flora - 2nd Edition (1913) "An Illustrated Flora of the Northern United States and Canada";


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie