Erythroxylon coca Lamarck

Pflanzenbild Bildquelle. Zeichnung einer Cocapflanze.

Inhaltsstoffe:

Der Gehalt an dem Hauptwirkstoff der Pflanze - Kokain - (#13/106, #50, #84/8) betraegt bis zu 90% bei einem Gesamtalkoidgehalt von 1-1,8% des Gesamtgewichtes vom Cocablatt. (#50, #84/8, #98/73) Es gibt zwei Arten aus der etwa 200 Arten umfassenden Gattung Erythroxylon, die Kokain enthalten. (#79/11) Bei dieser Pflanzenart soll der Kokain-Gehalt am groessten sein. (#84/8)

Die Gesamtalkaloide lassen sich nach L. Grinspoon und J.B. Bakalar in 6 Gruppen einteilen:

Pflanzl. Fam.:

Erythroxylaceae

Andere Namen:

Huanacasorte, (#50) Erythroxylum coca Lamarck, (#53/165, #84/8, 98) Bolivianisches Blatt, (#84/8) Huanaco-Sorte, (#79/11) Coca; (#95/151, #99)

Vorkommen:

Die Anbaugebiete sind in Suedamerika, besonders in den oestlichen Anden von Ecuador bis Bolivien, in Peru, Kolumbien, Brasilien, entlang dem Amazonas und seinen groesseren Nebenfluessen. In geringerem Umfang erfolgte auch eine Kultivierung fuer pharmazeutische Zwecke in Indonesein, Indien und Ceylon, (#84/8, #99/26) aber auch in Afrika. (#99/25) Frueher wurde die Pflanze uebrigens in British Guiana, Jamaika, Madagaskar, Kamerun, Indien, Ceylon und Java intensiver angebaut. (#98/73) Die Pflanzen gedeihen am besten in einer Hoehenlage von 600 bis 2000m, (#84/8, #99/25) in feucht-warmer Luft und bei intensiver Sonneneinwirkung. Eine Ernte kann nach 1,5 Jahren beginnen und der Vollertrag wird nach Ablauf des 5. Jahres erreicht. Anschliessend sind 4 Ernten moeglich, wobei die Pflanze bis zu 50 Jahre produktiv sein kann. (#84/8)

Die Pflanze benoetigt gleichbleibende Tagestemperaturen zwischen 18 und 30 Grad Celsius. Reichliche und regelmaessige Niederschlaege, (#79/13) traditionelle Anbaugebiete liegen auf 600-1000m (#79/13) (W. Schmidbauer und J. v. Scheidt sprechen sogar von einer max. Anbauhoehe von 1800m) (#13/185) Seehoehe im suedlichen Tropenguertel bis zum 20. Breitengrad in den Gebirgslandschaften von Peru und Bolivien, v.a. an den Osthaengen der Anden sind optimale Bedingungen. (#79/13)

Die Pflanze benoetigt einen Boden ohne Kalkstein und gedeiht gut in den Rot-ton-Boeden der tropischen Anden; (#98/73)

Das Gewaechs gedeiht auch auf den indonesischen Inseln (Malaysia). (#13/185)

Allgemeines:

Die allseits bekannte Rauschdroge Kokain ist in den Blaettern des Kokastrauchs enthalten; Von den etwa 200 bekannten Gattungsarten dieser Pflanze haben praktisch nur zwei fuer die Gewinnung genussgeeigneter Kokablaetter Bedeutung, und zwar die Spezies E. coca und E. novogranatense. Ihren Gattungsnamen "Erythroxylon" bezog die Pflanze von dem fuer sie charakteristischen rotfarbenen Holz. (#50, #79/11) Der urspruengliche Name Koka geht auf das Aimara-Wort "Khoka" zurueck, das in der Sprache dieses altperuanischen Indianerstammes einfach "Baum" bedeutet. Ein guter Kokastrauch liefert jaehrlich bei drei Ernten bis zu 300 Gramm frische Blaetter, was einer Menge von ca. 130 Gramm Trockenblaettern entspricht. (#50)

Bereitung:

Trocknen der Blaetter:

Damit die Blaetter gelagert, gekaut und weiterverarbeitet werden koennen, muessen sie getrocknet werden. Es gibt grundsaetzlich 2 Methoden mit denen die Blaetter in den Anbaulaendern getrocknet werden:

Die getrockneten Blaetter koennen einerseits gekaut werden oder weiterverarbeitet werden, um das Alkaloid Kokain zu gewinnen. (eigen)

Stiel und Blattrippen werden entfernt, der Rest im Mund zu einer Kugel geformt, diese in Kalk oder Pflanzenasche getupft und dann bis auf kleine Rueckstaende verzehrt (gekaut!)). (#13/105)

Aussehen:

Enno Freye beschreibt in seinem Werk "Kokain, Ecstasy und verwandte Designerdrogen. Wirkungsweise, Ueberdosierung, Therapeutische Notfallmassnahmen" die Pflanze folgendermassen:

"Der Cocastrauch ist eine pyramidenfoermige Bergpflanze, die bis zu 5m erreichen kann, aber aus praktischen Gruenden fuer die spaetere Ernte auf 3m gestutzt wird." (#84/8)

Die Autoren Karl-Ludwig Taeschner und Werner Richtberg geben in ihrem Buch "Koka und Kokain." aus dem Deutschen Aerzteverlag folgende Beschreibung der Pflanze an:

"Rotfarbenes Holz; pyramidenfoermige Straeucher, die wild wachsend eine Hoehe von ueber 5 Metern erreichen koennen, in Kulturen jedoch, aus Ertragsgruenden und um die Ernte zu erleichtern, regelmaessig auf eine Hoehe von unter 3 Metern zurueckgeschnitten werden. Der Kokastrauch traegt gelblich-weisse Blueten mit zungenartigen Auswuechsen der Bluetenblaetter. Die Blueten sitzen an der Basis der Endtriebe junger Zweige. Aus ihnen entwickeln sich die fuer die Samengewinnung notwendigen roten und eifoermigen Steinfruechte. Das eigentliche Ernteprodukt des Strauches sind jedoch die oval- (lanzett-) foermigen, etwa 6cm langen und 3cm breiten Blaetter, die im Frischezustand eine dunkelgruene Farbe haben. Die Blaetter sind kurzstielig und glattrandig und haben stachelspitzige Enden. Auf der Ober- und Unterseite der Blaetter ziehen sich von der Basis bis zur Spitze zwei bogenfoermige Streifen, die von der Einfaltung der Blaetter in der Knospe herruehren und ihnen das Aussehen verleihen, als wuerde auf jedem Blatt noch mal ein kleineres Blatt kleben. Sie erinnern in getrocknetem Zustand von Form, Farbe und Konsistenz her entfernt an Lorbeerblaetter. Im Frischezustand haben die Blaetter nur einen schwachen, waehrend des Trocknens jedoch einen staerkeren aromatischen Geruch, der von den verschiedenen darin enthaltenen aetherischen Oelen stammt. Ihr Geschmack ist leicht bitter und wird meist als grasartig beschrieben." (#50)

Pflanzenbild Bildquelle. Die Cocapflanze.

Vorkommen:

Suedamerikanische Andenlaender; Anbau und Verbreitung der Kokapflanze werden vor allem durch ihre Unvertraeglichkeit extrem hoher und niedriger Temperaturen regional begrenzt. Niedrige mittlere Jahrestemperaturen fuehren zu einer Verkuemmerung des Strauch - und vor allem des Blaetterwachstums mit quantitativen und qualitativen Ertragsminderungen. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt bringen die Pflanze zum Absterben. An zu heissen Standorten verlieren die Kokablaetter an Alkaloidgehalt. Zu den notwendigen klimatischen Voraussetzungen fuer ein guenstiges Wachstum und ertragreiche Ernten zaehlt neben relativ gleichbleibenden Tagestemperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius ein Standort mit reichlichen und regelmaessigen Niederschlaegen. In bezug auf die Bodenbeschaffenheit ist die Kokapflanze weniger anspruchsvoll. In ihren suedamerikanischen Anbaugebieten scheint sie jedoch auf stark eisenhaltigen, meist aus verwittertem Schiefer entstandenen Lehmboeden am besten zu gedeihen, waehrend kalkreiche Boeden dem Pflanzenwachstum abtraeglich sind. Traditionelle Anbaugebiete sind die zwischen 600 und 1000m hoch gelegenen und den suedlichen Tropenguertel bis zum 20. Breitengrad umfassenden Gebirgslandschaften von Peru und Bolivien, wo die Pflanze vor allem an den geschuetzten Ostabhaengen der Anden wegen der dort herrschenden mildfeuchten klimatischen Verhaeltnisse optimale Lebensbedingungen vorfindet. (#50)

Sucht:

Die Suchtsymptome sind im allgemeinen die gleichen wie bei Kokain, aber im allgemeinen werden Kokablaetter kulturell eingebettet in den Ursprungslaendern genommen. Die Dosis ist meistens auch bei dieser Konsumform viel geringer als beim Kokainisten, der das technisch erstellte und konzentrierte Produkt einnimmt. Kokablaetter stellen somit auch in den Ursprungslaendern eine Genussdroge dar, ohne ernsthafte Suchterscheinungen auszuloesen. Es ist vermutlich mehr als Gewoehnung zu bezeichnen. (eigen)

Entgiftung:

Die Entgiftungsmassnahmen sind die gleichen, wie bei der Droge Kokain, da sie den wirksamen Hauptbestandteil der pflanzlichen Rauschdroge darstellt. Es soll in diesem Fall auf die Beschreibung des Stimulanz- und lokalen Betaeubungsmittels Kokain verwiesen werden. (eigen)

Geschichte:

1500 v. Chr.: Cocablaetter wurden in Graebern der vorkeramischen Zeit Perus gefunden. (#13/187)

ca. 1200 n. Chr.: Bereits vor der span. Eroberung war das Coca-Kauen im Inkareich verbreitet. Dies zeigt sich an den uebriggeblienen Bildhauerarbeiten. Die Goetterstatuen trugen Coca-Blaetter in der Hand, die als Gluecksbringer angesehen wurden. (#13/87) Andere praekolumbianische Goetterskulpturen halten die Pflanze in Haenden. (#69/105)

In ihren religioesen Vorstellungen nach stieg Manko Kapac (auch Kapac), der Sohn der Sonne genannt, vom Titicacasee herab und brachte den Menschen die Kokapflanze mit. (#13/187, #69/105) Der Konsum wurde durch die Inkapriester als Ritual durchgefuehrt. Die Fuehrungskaste, die Inkas, hatten das alleinige Vorrecht auf den Konsum der Koka. (#13/87) Die Inkapriester raeucherten auch mit Cocablaettern bei der Durchfuehrung der Rituale, (#69/105) und die Blaetter dienten als Zahlungsmittel. (#13/87) Es wurden und werden sogar die Wegstrecken nach Kokarationen benannte. Eine cocada ist die Wegstrecke, fuer die 1 Portion Koka ausreicht. (#69/105)

1504: Amerigo Vespucci, ital. Seefahrer, berichtete erstmalig vom Kokakauen in einem Brief folgendes von seiner Reise an die Nordkueste des suedamerikanischen Kontinents, die er im Auftrag der span. Krone im Jahre 1499 startete und durchfuehrte. Diese Meldung triefte nur so von Intoleranz und Rassismus:

Sie waren sehr haesslich in Art und Erscheinung; ihre Backen blaehten sich alle mit einem gewissen gruenen Kraut, das sie bestaendig kauten wie Kuehe. Sie konnten kaum sprechen, und jeder trug 2 Kuerbisflaschen um den Hals, die eine voll des Krauts, das er im Munde hatte, und die andere voll eines weissen Mehls, das wie Gipspulver aussah. Von Zeit zu Zeit pflegten sie ein Stoeckchen anzufeuchten, in das Mehl zu tauchen und es dann in den Mund zu stecken. Dadurch vermischten sie das Mehl mit dem Kraut. Und da wir sehr darueber erstaunt waren, konnten wir sein Geheimnis nicht verstehen. (#79/16)

1555: Conquistador Auguste Zarate berichtete nach Spanien dass die Blaetter der Pflanze sogar als Zahlungmittel in Verwendung sind und bemerkte nebenbei dass die armen Besiegten 36h zu arbeiten hatten in den Minen, ohne dass sie schlafen mussten."

1550 oder 1553: Piedro Cieza de Leon publizierte das Buch "Chronica del Peru.", indem er die Geschichte der Inkas publizierte und sich auch mit deren Gebrauch der Coca-pflanze auseinandersetzte. Er selbst glaubte uebrigens nicht an die pharmakologischen Wirkungen der Pflanze, sondern fuehrte sie auf Einwirkungen des "Teufels" zurueck. (#99/16)

1565: Nicolas Monardes berichtete in Europa vom suedamerikanischen Coca-Gebrauch. Seine Informationen beruhen auf dem Werk von Piedro Cieza de Leon. (#99/16)

1567: Eine Kirchenversammlung widerrief das Verbot des Coca-Kauens. Ein Hintergedanke bei diesem noch lange Zeit dauernden Streit war, dass mittels Coca die Arbeitsleistung gesteigert werden konnte. (#95/152)

1590: Der Jesuitenpriester Joseph de Acosta, der in Peru von 1569-1583 lebte, gab das klassische Werk "Natural History of the Indies" in diesem Jahr heraus. Er glaubte an die Wirkungen der Coca-pflanze und beschrieb ihre Wirkungen folgendermassen: "For my part, an to speak the truth, I persuade myself that it is not imagination, but ... think it works and gives force and courage to the Indians, for we see the effects which cannot be attributed to to the imagination, so as to go some days without meat, but only a handyful of Coca, and other like effects." - Er erkannte also die stimulierenden und appetitsenkende Wirkung der Alkaloide der Cocapflanze. (#96/17)

Mitte 16. Jahdt. Ein kirchliches Konzil aechtete in Lima den Kult um die Koka. (#13/187) Ernst Freiherr von Bibra gibt an, dass es vermutlich 1569 war. (#95/152)

Es wurde versucht den Kult und den Genuss auszurotten. (#69/105)

1609:Garcilasso de la Vega, Kind eines spanischen Offiziers und einer Inkaprinzessin publizierte das Buch "Royal Commentaries of the Incas", indem eine genaue Beschreibung der Kultivation der Cocapflanze abgedruckt wurde. (#96/17)

1750: Die botanische Bestimmung und Namensgebung von E. coca erfolgte, gemessen an der Bekanntheit und Kultivierung dieser Pflanze in ihren Ursprungslaendern, erst relativ spaet. Der franz. Forschungsreisende Joseph De Jussieu brachte (1704-1779) einige Exemplare von einer bolivianischen Pflanze mit nach Europa, wo sie spaeter von Antonio Jose Cavanilles (1745-1804) und Jean-Baptiste Lamarck (1744-1829) erstmals systematisch beschrieben und botanisch bestimmt wurde. Gelegentlich werden in der Literatur auch Patrick Browne (1756) und Linnaeus (1759) als Erstbeschreiber der Kokapflanze genannt. Die entscheidenden chemischen Analysen des in den Blaettern enthaltenen Kokains erfolgten erst mehr als 100 Jahre spaeter in deutschen Laboratorien. (#50)

1838: Der Schweizer Naturforscher Von Tschudi besuchte in diesem Jahr die Anden und beobachtete den Cocagebrauch der Indianer, machte Selbstversuche und schrieb enthusiastisch ueber die Vorteile, die man durch den Gebrauch erlebte. (#99/17)

1857-59: Carl von Scherzer, ein oesterreichischer Kollege von Albert Niemann, nahm an einer Weltumsegelung mit dem Schiff "Novara" teil und brachte aus Peru eine groessere Menge Kokapflanzen mit nach Europa.(#50, #79/25)

1859: Der Mailaender Neurologe Paolo Mantegazza, der bei seiner mehrjaehrigen aerztlichen Taetigkeit in Suedamerika die Gewohnheit der einheimischen Koka-Kauer beobachtet hatte, es ihnen einmal nachzutun, im Dienst der Wissenschaft. Er begann mit 3 Tagesdosen von je 3g Kokablaettern. Unter Kollegen hat man dem Mailaender Doktor bis heute nicht verziehen, wie exaltiert, bar wissenschaftlicher Objektivitaet er sich ueber seine Erfahrungen zu aeussern vermochte:

"Von zwei Kokablaettern als Fluegel getragen, flog ich durch 77.348 Welten, eine immer praechtiger als die andere ... Ich ziehe ein Leben mit Koka einem Leben von einer Million Jahrhunderten ohne Koka vor."

P. Mantegazza publizierte in diesem Jahr auch eine Arbeit, naemlich "Ueber die hygienischen und medizinischen Vorzuege des Koka.". (#79/25f.)

Beginnend mit diesem Bemerkungen begann die Verbreitung von Kokain in Europa. Es soll an dieser Stelle auf die geschichtlichen Kommentare zu dieser Verbindung verwiesen werden. (eigen)

1975: Gantzer et al. wiesen nach, dass es etwa 1.000.000 coqueros, so heissen die Konsumenten der Kokablaetter, in Peru gibt. (#13/188)

1980: Die peruanischen Behoerden schaetzten die Zahl der coqueros auf 2,8 Millionen in ihrem Land. (#13/188)


Bildquellen:

Abbildung 1; Zeichner: unbekannt; Quelle Internet.

Abbildung 2; Zeichner: unbekannt; Quelle Internet.


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie