Panaeolus cyanescens (Berkeley et Broome) Sacc.

Andere Namen:

Blauender Duengerling, (#17, #40, #51) Pan Cyan, (#29) Copelandia c. (Berkeley & Broome) Singer, (#11, #29, #31, #32, #40, #51) Agaricus c. Berkeley & Broome, Faltenduengerling, Copelandia papilonacea (Bull.) Bres., Campanularius anomalus Murrill, P. anomalus (Murrill) Sacc. & Trott., Campanularius westii Murrill, P. westii (Murrill), Copelandia westii (Murrill) Sing., Copelandia c. (Berkeley & Broome) Boedijn, (#51) Jambur. (#32)

Inhaltsstoffe:

Schon 1960 hatten die Pilzforscher Singer und G. Guzman aufgrund der starken Blauung der Pilze den Verdacht geaeussert, dass sie das halluzinogene Tryptamin Psilocybin enthalten wuerden. Aber erst nach den Vergiftungen in Menton (Frankreich) wies die Gruppe um A. Hofmann 0,2% Psilocybin in den Pilzen nach. Aufgrund der starken Wirkung der Pilze erscheint diese Konzentration allerdings zu gering. Spaeter ermittelte man in den Sandoz-Laboratorien einen Gehalt von 0,8% Psilocybin und 1,2% Psilocin in den Exsikkaten der Pilzart, vielleicht haben hier aber auch das Serotonin und seine Derivate den letzteren Wert etwas nach oben verfaelscht. In Thailand von J.W. Allen gesammelte Pilze enthielten nach Stijve 0,4-1,05% Psilocin und nur Spuren an Psilocybin; Serotonin war, wie in allen Duengerlingen, reichlich vorhanden. (#51) A. Hofmann selbst gibt einen Gehalt von 1,2% Psilocin und 0,6% Psilocybin an, der hoechste Gehalt an diesen Alkaloiden, die man je bei einem halluzinogenen Pilz aufzeigen konnte. (#11)

Allgemeines:

Der Pilz wird auf Bali als Halluzinogen an Fremde verkauft. Er wird auf Bali auf Kuh- oder Bueffelmist aufgezogen, und bei Festlichkeiten eingenommen. (#11) Der Pilz wird frisch oder getrocknet eingenommen. (#31) Diese auf Kuhfladen, Bueffeldung oder auf Pferdemist gedeihenden Pilze wachsen in der Regenzeit ueberall auf Java und Bali. Das Zentrum des Pilzessens auf Java ist die Gegend um Yogyakarta, die alte Sultanstadt bei Borodur. Die Batikkuenstler jedenfalls essen diese Zauberpilze, um Inspirationen fuer ihre Kunstwerke zu bekommen und um Visionen zu sehen. Auf der Insel Bali werden ebenfalls solche Pilzplastiken hergestellt. Gelegentlich werden die Opferbales der Tempelbezirke damit geschmueckt. Ein einheimischer Pilzkult ist bisher nicht bekannnt geworden, obwohl alle Balinesen von den Pilzen wissen. (#32)

Pflanzl. Fam.:

Agaricaceae - Coprinaceae - Strophariaceae / Tintenpilze, Blaetterpilze, Traeuschlingsartige

Aussehen:

Der Pilz ist ein mittelgrosser Duengerling. (#51) Der Hut ist 15-40mm breit, (#29, #40, #51) halbkugelig (#29, #40) bis glockenfoermig (#11, #29, #40) zu konvex oder ausgedehnt konvex bei der Reife. Die Hutfarbe ist zuerst leichtbraun. Sie wird beim Trocknen blassgrau, bis sie schliesslich blass weiss wird, oft ist der Hut auch mit Sporen bedeckt. (#29) Die Farben sind, wie bei allen Duengerlingen, sehr veraenderlich und variieren von dunkelbraun bis hin zu hellgrau. Der Hut ist weder hygrophan noch schmierig. (#51) Der Rand ist anfaenglich leicht lichtdurchlaessig gestreift, wenn er nass ist, und undurchsichtig, wenn er trocken ist. Die Lamellen sind engstehend, duenn, mit 2 oder 3 Reihen dazwischentretender Lamellen (#29) und graeulich-schwarz. (#29, #40) Sie sind zur Sporenreife gesprenkelt. (#11, #29, #40) An den Lamellenflaechen kommen gefaerbte, spitze, (#11) dickwandige (#51) und seitliche (#11) Zystidien (#11, #51) vor. Die Blaetter sind hinten angewachsen. (#40) Der Stamm ist 85-120mm lang, 15-30mm dick, gerade und knollig an der Basis, (#29) roehrenfoermig. (#29, #40) Der Stiel ist weissgrau, (#40) duenn und bruechig. (#11, #40) Das Fleisch ist leichtbraun gefaerbt dem Boden zu. (#29) Das Fleisch wird machmal blau, wenn es gequetscht wird. (#29, #40, #51) Ein teilweises Velum fehlt. (#29, #51) Der Sporenabdruck ist dunkelviolett (#29) bis schwarz. (#11, #29, #40) Die Sporen sind zitronenfoermig, (#40) glatt (#40, #51) und messen 11-16x9-12mcm. (#40) Die ziemlich breiten, deutlich abgeflachten Sporen tragen einen breiten Keimporus. Die Masse werden von J. Gartz auch mit 11-14(15)x8-11x6,5-8 mcm angegeben. (#51) Die Fruchtkoerper werden im Alter blaeulich. (#11)

Vorkommen:

Der Pilz gedeiht in den warmen Zonen beider Hemisphaeren. (#11) Er kommt vereinzelt bis zahlreich auf Mist, auf gut geduengtem Boden, (#29, #40) grasigen Gebieten, Wiesenland oder auf Weidegebieten vor. (#29) Es ist eigentlich ein subtropische Art, die vereinzelt auch in Suedeuropa bis Ungarn beobachtet wird. (#40) Fundberichte gibt es aus Hawaii, Mexiko, (#29) Java, Bali (#32) und Suedfrankreich. (#51) Erntezeit ist von September bis Oktober. (#40)

Wirkungen:

Von J. Gartz, dem bekannten Kenner halluzinogener Pilze, stammt jene Beschreibung einer Pilzvergiftung mit dieser Art:

Eine Frau und ihre beiden Kinder assen ein Gericht von nur ca. 60g der Pilze. In weniger als einer Viertelstunde nach dem Verzehr fuehlte sie Schwaeche, dann traten Sehstoerungen unter starker Pupillenerweiterung auf. Eine Stunde nach dem Mahl kam es bei ihr zu Schwindelgefuehlen in mehreren Wellen. Die Farbe der Umgebung schlug nach und nach ins Gruenliche um. Die Halluzinationen erschienen furchterregend, Koepfe von Ungeheuern wurden sichtbar, eine Wand oeffnete sich zu einem Abgrund. Menschliche Gestalten mit Tierkoepfen folgten aufeinander. Am naechsten Tag war alles wieder in Ordnung. Auch das aelteste Kind (14) sah die Haare ihrer Eltern gruen und nahm geometrische Figuren an der Wand unter Pupillenerweiterung wahr. Bei der juengsten Schwester (11) trat neben Kraempfen ein Bewusstseinsverlust ein. (#51)

Auch der Ethnologe C. Raetsch gibt eine kurze Beschreibung zur Wirkung dieser Art:

Die Wirkung der Pilze soll recht kraeftig sein. Alle Personen, die davon gekostet haben, schwaermen von den ausserordentlich plastischen Visionen. Einen kuenstlerischen Ausdruck dieser farbenpraechtigen und stark mythologisch gepraegten Visionen geben die Batikgemaelde der javanischen Kuenstler in der Stadt Yogyakarta. (#32)

Fuer eine genauere Beschreibung der halluzinogenen Wirkung dieses Pilzes, koennen auch Beschreibungen aus der nahe verwandten Pilzgattung Psilocybe (Kahlkoepfe) verwendet werden. Es soll an dieser Stelle v.a an den Spitzkegeligen Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) verwiesen werden, denn dort befindet sich eine ausfuehrliche Beschreibung der Pilzwirkungen halluzinogener Pilze. (eigen)

Es soll aber auch an die Abhandlungen der Hauptinhaltsstoffe Psilocybin und Psilocin erinnert werden, wo sich ebenfalls detaillierte Ausfuehrungen zur Wirkung der Einzelstoffe befinden, die in wechselnder Zusammensetzung die Wirkungsweise dieser Pilzart verursachen. (eigen)

Wirkdauer:

Es ist aufgrund des Hauptinhaltsstoffes Psilocybin mit der gleichen Wirkdauer wie bei den anderen, bekannteren halluzinogenen Pilzen (Psilocybe cubensis, P. cyanescens oder auch P. semilanceata [Spitzkegeliger Kahlkopf] ) zu rechnen. Die Dauer der Wirkung betraegt somit etwa 5-6 Stunden. (eigen)

Entgiftung:

Es soll an dieser Stelle an die Abhandlung ueber den Hauptinhaltsstoff Psilocybin verwiesen werden, aber auch an Beschreibungen anderer Psilocybin-haeltiger Arten, die bekannter sind. (Psilocybe cubensis, P. cyanescens, P. semilanceata [Spitzkegeliger Kahlkopf] ). Dort koennen die entsprechenden Informationen entnommen werden. (eigen)

Sucht:

Die Ausbildung einer koerperlichen oder glaubhaften, psychischen Abhaengigkeit ist nicht bekannt. (eigen)

Dosis:

10-20 Stk. (#31)

Geschichte:

1960: Die Pilzforscher Singer und G. Guzman haben aufgrund der starken Blauung der Pilze den Verdacht geaeussert, dass sie das halluzinogene Tryptamin Psilocybin enthalten wuerden. (#51)

19. 8. 1965: Die Duengerlingsart hat in Menton an der frz. Mittelmeerkueste eindrucksvolle Vergiftungen verursacht. Daraufhin wiesen A. Hofmann et al. Psilocybin und Psilocin in den Pilzen nach. (#51)

1966: Die Pilzforscher R. Heim et al. isolierten erstmalig Psilocybin, das bekannte Pilzhalluzinogen, aus den Pilzen. (#62/309)

1967: R. Heim et al. publizierten ein zweites Mal ueber das Vorkommen von Psilocybin. (#62/309)

1968: Der Mykologe Ola'h beschrieb den Pilz als Panaeolus cyanescens und wies in diesem auch Psilocybin nach. (#62/309)

1972: Fiusello et Ceruti Scurti wiesen nochmals Psilocybin nach. (#62/309)

1992: Allen & Merlin wiesen Psilocybin in den Pilzen nach. (#62/309)


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie