Psilocybe cyanescens Wakefield

Pflanzenbild Bildquelle. Eine Pilzgruppe.

Andere Namen:

Geophila c. (R. Maire) Kuehner & Romagnesi, P. mairei Singer, (#29, #51) Cyan, Grandote, (#29) The Queen, (#30) P. bohemica Sebek, (#40, #51) Blaufaerbender Kahlkopf, (#17, #40) Hypholoma c. R. Maire, (#34, #51) Hypholoma coprinifacies (Rolland ss. Herink) Pouzar, P. serbica Moser & Horak, (#51) Blaufaerbender Schwefelkopf. (#34)

Inhaltsstoffe:

Der Pilz enthaelt die halluzinogenen Tryptamine Psilocybin, (#17, #29, #40, #51, #62/311) Psilocin (#17, #29, #40, #51) und Baeocystin. (#40, #51, #62/318) Er beinhaltet uebrigens eine besonders hohe Konzentration von Psilocybin und Psilocin. (#17, #29) J. Gartz und Mueller (1989) fanden in Fruchtkoerpern dieser Pilzart Psilocybin-Gehalte zwischen 0,11 und 1,34% (bezogen auf Trockensubstanz). Es wurden auch geringe Mengen von 0,01-0,06% Psilocin und von 0,01-0,02% Baeocystin nachgewiesen. (#40, #51) Trotz der starken Blauverfaerbung enthalten die Pilze des europaeischen P.c.-Komplexes nur sehr wenig oder ueberhaupt kein Psilocin. Die Aufsammlungen unterscheiden sich chemotaxonomisch stark von der P.c. aus dem Nordwesten der USA, die bis zu 1% Psilocin in den Trockenpilzen enthalten und mit einem gleichfalls hohen Gehalt an Psilocybin (#51) (insgesamt bis zu 2% Alkaloid) (#17, #51) als potenteste nordamerikanische Art gilt. (#51)

Allgemeines:

Diese Pilzart gehoert zur Gattung Psilocybe (den Kahlkoepfen). Diese Gattung ist bekannt durch eine Reihe halluzinogener Vertreter. So ist Psilocybe semilanceata (der Spitzkegelige Kahlkopf), der psychotrope Pilz Europas. Die Art Psilocybe cubensis ist dadurch beruehmt geworden, dass er sich leicht zuechten laesst und hat damit eine weite Verbreitung in der Drogensubkultur erhalten, wo er als Quelle fuer das begehrte Psilocybin dient. Die Gattung der Kahlkoepfe ist die noch am besten untersuchte halluzinogene Pilzgattung. Die beste zusammenfassende Arbeit stammt uebrigens von dem liechtensteiner Drogenforscher G. Guzman und wurde unter dem Titel "The Genus Psilocybe" veroeffentlicht, ist aber leider schon vergriffen. Dennoch sind noch alle Arten auf ihren moeglichen Gehalt an halluzinogenen Tryptaminen untersucht worden und es gibt noch eine Reihe von Problemen, was die Abgrenzung einiger seltener Arten voneinander betrifft. (eigen)

Nach Krieglsteiner lassen sich mehrere stark blauende Pilze als "Psilocybe cyanescens-Komplex" kennzeichnen, allesamt Pilze, die auf Rohhumus bzw. pflanzlichen Resten wachsen. Eindeutig widerlegt ist inzwischen die arealgeographische Aufspaltung von P. c. durch G. Guzman, der P. mairei fuer Nordafrika, P. c. fuer England und Holland und P. serbica fuer Serbien und Boehmen als Verbreitungsgebiete zuordnete. (#51)

Pflanzenbild Bildquelle. Verbreitungskarte der Pilzart in Deutschland.

Aussehen:

Stamets und Chilton geben folgende Beschreibung an:

Der Hut ist 20-50mm breit, konvex bis breit-konvex bis eben im Alter mit einem hoeherliegendem und gewellten Rand, welcher in Drehung lichtdurchlaessig gewellt ist. Die Hutoberseite ist glatt und klebrig, wenn sie feucht ist. Sie ist von einem separaten gelatine-artigen Haeutchen ueberzogen. Die Farbe ist karamellbraun. Sie verblasst zu gelbbraun bis strohfarben im Zentrum. Die Lamellen sind befestigt und mattbraun mit weisslichen Kanten. Der Stamm ist 60-80mm lang, 2-5mm dick, faserig und verbreitert sich an der Basis. Die Oberflaeche ist glatt oder "ueberzuckert". Die Stammfarbe ist weisslich und seidig. Der Stamm wird blau, wenn er verletzt (gedrueckt) wird. Das partielle Haeutchen laesst kaum Spuren am Stamm zurueck. Der Sporenabdruck ist dunkel-purpurbraun. (#29)

J. Stevens, Verfasser eines fruehen Pilzfuehrers Halluzinogener Pilze, beschreibt diesen Schwamm folgendermassen:

Der Hut ist 1,9-5cm breit. Der Stamm ist 5-7cm lang und 0,2-0,6cm dick. Der Hut ist kastanienbraun. Er wechselt zu gelblich-braun an den Raendern. Er ist strahlenfoermig liniert, hat einen Hoecker mit gelber Toenung, wenn er nicht gestoert worden ist, oder er ist leicht blau, wenn er gedrueckt worden ist. Den Hut ueberzieht eine klebrige Haut. Die Lamellen haben eine zimtfarbene Ansicht. Sie werden leicht roetlich-braun bei Sporenreife. Die Kanten sind blass-weisslich. Der Sporenabdruck ist purpurbraun. Der Stamm ist dick, fleischig, verdickt an der Basis und weisslich. Die Oberflaeche ist mit seidigen Fasern bedeckt. Die Fasern werden dick nahe der Basis. Der Stamm wird stark blau, wenn er gequetscht wird. Das Velum ist weiss, duenn, wenn der Pilz jung ist. Es teilt sich in gewebegleiche Straenge im Alter. Es ist nicht mehr feststellbar in reifen Exemplaren. (#30)

Der Mykologe V. Kell beschreibt Psilocybe cyanescens, wie folgt:

Der Hut ist 2-4cm breit, anfangs gewoelbt, spaeter flach ausgebreitet und unregelmaessig verbogen und wellig, hygrophan und trocken ockerbraeunlich. An Druck- und Schadstellen verfaerbt er ziemlich schnell blaugruen. Die Blaetter sind blass ockerbraeunlich und erst spaeter dunkelbraun, blaugruen fleckend, schwach ausgebuchtet und kurz herablaufend. Das Fleisch ist weisslich und stellenweise blaeulich verfaerbt. Der Geruch ist rettichartig, der Geschmack bitter. Der Stiel ist weiss, stark blau bis blaugruen an Verletzungsstellen, nur mit undeutlicher Ringzone. Die Sporen sind laenglich mandelfoermig, glatt und messen 10-14x5-5,5mcm. Der Sporenstaub ist dunkel purpurbraun. (#40)

Der Leipziger Pilzforscher J. Gartz gibt die typischen Merkmale dieses Pilzes in seinem Buch "Narrenschwaemme." folgendermassen an:

Die Huete sind 5-40mm breit, jung kegelig und mit steil zum Stiel fuehrenden straffen, bald fluechtig werdenden Cortinafaeden, spaeter glockig, teils mit Papille, schliesslich verflachend, flach bis aufgebogen und ohne Schleierreste, auch alt noch leicht stumpf gebuckelt. Frisch und feucht ist er kraeftig haselbraun, dann weisslich austrocknend, mit blauen bis blaugruenen Flecken. Die Lamellen sind teils flach ausgebuchtet, einige auch breit angewachsen, jung hell bis schmutzig beige, spaeter durch Sporenreifung zimt- bis purpurbraun, bei Druck nur schwach blau fleckend. Der Stiel ist 30-85mm lang, gleichmaessig dick, zwischen 1,5-3mm. Die Stiele und Myzelfasern verfaerben bei Beruehrung blau, teils ist er bereits blau gefleckt. Der Geruch ist leicht mehlig bis fast kartoffelaehnlich. (#51)

Pileus: Cap 2-4.5 cm broad, convex, becoming nearly plane with a low umbo; margin striate, often wavy, sometimes upturned in age; surface smooth, sticky when moist, hygrophanous, brown, fading to yellow-brown or buff; flesh thin, brittle in age, bruising blue.
Gills: Gills adnate to seceding, close when young, subdistant in age, pale cinnamon brown, becoming dark grey-brown, edges lighter than the faces, mottled from spores at maturity.
Stipe: Stipe 3-6 cm tall, 3-6 mm thick, equal to sometimes enlarged at the base, the latter with conspicuous thickened mycelium (rhizomorphs); surface white, smooth to silky, bruising blue; veil fibrillose, forming a superior, evanescent hairy, annular zone.
Spore print: Purple-brown to purple-gray or purple-black; Spores 9-12 x 6-8 µm, elliptical, smooth, with an apical pore; spore print purple-brown to purple-grey. (www.shroomery.org)

Vorkommen:

Die Fruchtzeit des Pilzes reicht vom Spaetsommer (#34) ueber den Herbst (#17, #30, #34, #40, #51) in den Winter (#30, #40, #51) hinein, solange es milde ist. (#30) Er gedeiht haeufig in kleinen Gruppen an verfaulendem Holz, Baumstaemmen und in feuchtem Gras. (#34) Er waechst auch reichlich in landschaftlich gepflegten Gebieten. (#30) Er kommt auch zahlreich in waldigen Gegenden vor. Er waechst auch in hohen, wuchernden Gras. Er waechst in Gegenden, die gut geduengt von hoelzernen Schnipseln von Laub- und Nadelbaeumen sind. Typischerweise ist er nicht mit Rinde verbunden. (#29) Er gedeiht damit in Laubwaeldern, Fichtenforsten, Waldwiesen, auch auf Streu und abgefallenen Aesten. (#40) Er bevorzugt Plaetze inmitten verwesenden pflanzlichen Materials. (Blaetter, Aestchen, Humus). (#51) Seine geographische Verbreitung reicht von der pazifischen Nordwestkueste Amerikas nach Europa. (#29) Er waechst selten in West- und Mitteleuropa. (#40) Der Pilz taucht in England, (#29, #51) in der Schweiz, wo er im Jura-Gebirge waechst, in Korsika und in Holland, auf. Er waechst auch in der Steiermark (#51) einem Bundesland Oesterreichs. (#17, #51) In Deutschland gedeiht er im Saarland, in Niederbayern, im Suedschwarzwald, im Vogl- und Rheinland und auch in Bremen. (#51) Er waechst auch in der ehemaligen CSFR. (#17, #51)

Habitat: Widely scattered to densely gregarious on woodchips, sawdust, mulch, and humus, and on lawns rich in lignin; partial to coniferous debris, but fond of adler and eucalyptus. It is fairly common in the San Francisco Bay Area in cold weather (mainly December and January, though in favorable conditions fruiting as late as March),especially in landscaped areas and mulched flower beds, and is also fairly common in Oregon, Washington, and British Columbia. The season in the Pacific Northwest is earlier and more brief than in California, typically September and October only. (www.shroomery.org)

Pflanzenbild Bildquelle. Verbreitungskarte der Pilzart in Europa und Nordafrika.

Pflanzl. Fam.:

(Agaricaceae - Blaetterpilze)
Strophariaceae - Schuppenpilze/Traeuschlingsartige

Wirkungen:

Er soll sehr stark halluzinogen sein, schreiben eine Reihe von Autoren ueber diesen Schwamm. (#29, #30, #51) Der Pilz erzeugt ein typisches Psilocybin-Syndrom, aufgrund seiner Inhaltsstoffe. (#40) Die Wirkung wird also gaenzlich von den enthaltenen halluzinogenen Tryptaminen verursacht. (eigen)

Der Leipziger Drogenforscher und Mykologe J. Gartz gibt folgenden subjektiven Erlebnisbericht eines Naturwissenschaftlers aus Prag an:

"Die Wirkung der heissen Zubereitung der Pilze in Wasser (ca. 30mg Psilocybin) setzte schon nach 10 Min. ein. Ich wurde immer stiller. Zuerst begannen die Beine zu kribbeln, danach auch die Unterarme. Es konnten neben der etwas tieferen Atmung kaum weitere spuerbare koerperliche Wirkungen beobachtet werden. Ungewohnte gedankliche Assoziationen loesten anfaenglich Lachstuerme aus, die auch auf die beiden "nuechternen" Aufsichtspersonen ansteckend wirkten. Die auftetende Hyperakusie wirkte zuerst beim Anhoeren von Musik sehr stoerend, so stach Vivaldis "Fruehling" recht schmerzhaft im Hirn, "wie ein Saegemesser", sagte ich. Die Versuchsleiter sahen gedunsen und gelb aus. Vorhandene Koerpermerkmale, wie wenig Haarwuchs, bewirkten die illusionaere Verwandlung der Gestalt in einen Moench mit Kopfrasur. Die Stimmen wirkten dazu noch sehr weihevoll, wobei unter leicht wahnhaften Bezuegen die Herren teilweise wie in einer Schaltzentrale wirkten, die irgendwie gegen mich war. Gleichzeitig fand ich beide aber sehr sympathisch. Die andere weibliche Versuchsperson sah waehrend dieser Zeit grandiose Farbenspiele, ihr ganzes Leben rollte visionaer vor geschlossenen Augen ab. Waehrend dieser Zeit hatte ich das starke Gefuehl der Durchflutung des Koerpers mit elektrischem Strom, welches nicht unangenehm war. ..." (#51)

Wirkdauer:

Nach 5-6h ebt die Wirkung wellenfoermig ab, da die Pilze v.a. Psilocybin und Psilocin als Hauptwirkstoff enthalten. (eigen)

Entgiftung:

Es soll an dieser Stelle an die Abhandlung ueber den Hauptinhaltsstoff Psilocybin verwiesen werden, aber auch an Beschreibungen anderer Psilocybin-haeltiger Arten. (Psilocybe cubensis, P. semilanceata [Spitzkegeliger Kahlkopf], u.a.). Dort koennen die entsprechenden Informationen entnommen werden. (eigen)

Sucht:

Die Ausbildung einer koerperlichen oder glaubhaften, psychischen Abhaengigkeit ist nicht bekannt. (eigen)

Geschichte:

1946: Wakefield beschrieb Aufsammlungen von blauenden, dunkelblaettrigen Pilzen aus den botanischen Gaerten von Kew, England als P.c. Wakefield. (#51)

1962: Benedict et al. weisen Psilocybin nach. (#62/311)

1968: Moser und Horak weisen Psilocybin nach. (#62/312)

1973: Semerdzieva und Nerud berichteten ueber den Nachweis des Psilocybins in P. serbica, (#51, #62/312) einer verwandten Pilzart, die heute zu Psilocybe cyanescens, der Pilzart dieses Artikels, gerechnet wird. (eigen)

1977: Repke et al. weisen Psilocybin (#62/311) und Baeocystin nach. (#62/318)

1979: Unger und Cook weisen Psilocybin nach. (#62/311)

1982: Beug und Bigwood weisen Psilocybin nach. (#62/311)

1985: Stijve und Kuyper weisen Psilocybin (#62/311) und Baeocystin (#62/318) nach.


Bildquellen:

Abbildung 1: Zeichner: GIRUIN T.; STAFFORD Peter: "Psychedelics Encyclopedia", S. 258, 3., erweit. Aufl., Ronin Publishing, Berkeley, 1992.

Abbildung 2: Zeichner: Nach KRIEGLSTEINER; In: GARTZ Jochen: "Narrenschwaemme. Psychotrope Pilze in Europa.", S. 34, Editions Heuwinkel, Carouge/Genf, Neuallschwil/Basel, 1993.

Abbildung 3: Zeichner: Nach KRIEGLSTEINER; In: GARTZ Jochen: "Narrenschwaemme. Psychotrope Pilze in Europa.", S. 19, Editions Heuwinkel, Carouge/Genf, Neuallschwil/Basel, 1993.


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie