Hyoscyamus muticus Linnaeus

Andere Namen:

Aegyptisches Bilsenkraut, (#17, #114) H. insanus Stocks, Kohi-bhang, Kohi-bung (Pandschab), (#10/178) Sekaran (arab.), Ssakarân (arab., die Berauschende), (#10/177) Scopolia datora Dunal, Scopolia mutica Dunal, Egyptian Henbane, Herbe de jusquiame d'Egypte, Jusquiame d'Egypte, Folhas de meimendro, Giusquiamo egiziano, Hojas de beleno, Herba Hyoscyami mutici, Folia Hyoscyami mutici, (#114) Bhang, Cyprus henbane, Egyptian henbane, Giusquiamo egiziano, Indian henbane, Jusquiame d´Egypt, Kohi-bhang, Kohi-bung, Mountain hemp, Pitonionca (griech. "Drachenpflanze"), Sakra, Sakran, Sekaran (arab. "die Berauschende"), Sikran sahra, Sikrane (Marrokkanisch), Ssakaran, Traumkraut. (#92)

Inhaltsstoffe:

Die ganze Pflanze enthaelt Tropanalkaloide, unter anderen Hyoscyamin, Scopolamin (#32, #114) und Atropin. (#32) Das Kraut hat einen besonders hohen Gehalt an Alkaloiden, der zur Alkaloidgewinnung genutzt wird, (#17, #62) z.Bsp. in Jugoslawien und Griechenland. (0,5-1,4% in den Blaettern.) (#17)

Nebenwirkstoffe sind Noratropin, Norscopolamin, Apoatropin, Belladonin, Scopin und Tropin. (#114/50)

Die Alkaloide kann man in allen Pflanzenteilen nachweisen. Man vermutet, dass sie in den Wurzeln gebildet werden. Der Gesamtalkaloidgehalt kann bis zu 2% ihres Trockengewichtes erreichen, Hyoscyamin 0,27-076%, Scopolamin 0,05-0,38%. Den hoechsten Hyoscyamingehalt in den oberirdischen Teilen erreicht die Pflanze in der vollen Bluetezeit, den hoechsten Scopolamingehalt am Beginn der Bluetezeit. (#114/50)

Droge:

Die gesamte Pflanze. (#114)

Vorkommen:

Die Pflanze waechst von den Wuestengebieten Aegyptens (#10/177, #11, #114) ostwaerts bis Afghanistan, (#11, #114) in Beludschistan, (#10/178) und Indien (Pandschab) (#10/178, #11, #114) Ebenso gedeiht sie in Jugoslawien und Griechenland. (#17, #114)

Pflanzl. Fam.:

Solanaceae - Nachtschattengewaechse

Aussehen:

H.m. ist eine krautige, bis zu 1m hohe Pflanze mit weit kriechenden Wurzeln. Stengel: Aufrecht, fest, eckig und verzweigt, knotig, mit Blaettern. Zweige: Mit weichen, klebrigen Haaren bedeckt. Blueten: Sind Aehren, auf der sich bis zu 30 Blueten befinden koennen, die im Alter Trauben gleichen. Kelch: Auf demg krugfoermigen Kelch sind zahlreiche Nerven zu erkennen, die im Bluetenstand bis zu 2,5cm lang, im Alter noch laenger, sein koennen. Bluetenkrone: Glockenfoermig. Staubgefaesse: ungleich lang. Fruchtknoten ist glatt oder schwach behaart. Griffel: Ebenfalls glatt und laenger als die Staubgefaesse. Samen: Die zahlreichen Samen haben einen Durchmesser von 6mm, sind scheibenfoermig, knotig und gelb. (#114)

Wirkungen:

Die Vergiftungserscheinungen nach Aufnahme von Hyoscyamus-Arten sind denen nach Aufnahme von Datura-Arten sehr aehnlich. Im Vordergrund steht die zentralsedierende Wirkung des Scopolamins. (#17) Fuer eine genauere Beschreibung der Wirkungen soll auf die Beschreibungen bei Datura stramonium (dem Stechapfel) verwiesen werden. (eigen)

Wirkdauer:

Die Dauer einer oralen Vergiftung mit Hyoscyamus muticus umfasst einschliesslich aller Neben- und Nachwirkungen 2 bis 3 Tage. (eigen)

Allgemeines:

Nach L. Lewin (1920) wurden die trockenen, filzigen Blaetter auf der Sinai-halbinsel von den Towara und anderen Beduinenstaemmen geraucht, um einen Rauschzustand mit Delirien auszuloesen. L. Lewin merkt noch an, dass das Kraut in Beludschistan und im Pandschab in kleinen Mengen geraucht wird. (#10)

H.m. wird in der Pharmazie und Medizin aufgrund seines hohen Gesamtalkaloidgehaltes, besonders an S-(-)-Hyoscyamin, zur Isolierung dieses Alkaloides verwendet. (#114/50)

Geschichte:

1920: Der bekannte Berliner Toxikologe L. Levin, Verfasser des Standardwerkes "Phantastica", vermutete, dass H.m. als Rauschdroge verwendet wurde. (#45/288)

1969: Wagner schliesst sich dieser Theorie an. (#45/288)

Gegengift:

Physiostigmin wirkt als Gegengift und steht im Mittelpunkt der medikamentoesen Behandlung. Das Hauptrisiko der Vergiftung ist eine zentrale Atemlaehmung. Diese kann durch kuenstliche Beatmung abgewendet werden. Temperatursenkende Massnahmen und bei Erregungszustaenden die Gabe von Diazepam (Valium®), i.v. in kleinen Dosen, ergaenzen die Behandlung wirkungsvoll. (#2)

(Es muss darauf hingewiesen werden, dass es zu keiner Verstaerkung der Atemlaehmung kommen darf; es empfehlen sich die allgemeinen Massnahmen der Ersten Hilfe und die Herbeirufung eines Arztes; ich glaube nicht, dass Valium oder besonders gut geeignet ist; es empfehlen sich sicherlich zuerst Methoden des sogenannten "talk-downs";) Es muss an dieser Stelle an die ausfuehrlichen Beschreibungen bei Mandragora officinalis (Alraune) oder Datura stramonium (Stechapfel) verwiesen werden, wo auch ausfuehrliche Beschreibungen der entsprechenden Rauschzustaende und deren Aufhebung beschrieben ist. (eigen)

Warnhinweise:

Das Fuehren von Kraftfahrzeugen und das Betreiben gefaehrlicher Maschinen ist nicht moeglich! Aufgrund der Laehmung des Pupillenmuskels kommt es bereits bei geringen Dosen zu unscharfen Sehen! (eigen)

Schon bei mittleren Dosen kommt es bei Nachtschattendrogen die Tropanalkaloide (wie Scopolamin oder Hyoscyamin) enthalten zu Halluzinationen, die im Gegensatz zu den Pseudohalluzinationen der serotenergen Halluzinogene (LSD, Psilocybin, Meskalin,...), als taeuschend echt empfunden werden. Der Berauschte sieht Dinge, die nicht vorhanden sind und ist damit im normalen Leben hoechstens gefaehrdet einen Unfall zu erleiden. (eigen)

Bei hohen Dosen tritt der atemlaehmende Effekt in den Vordergrund und der Berauschte droht zu ersticken. Es besteht hoechste Lebensgefahr! (eigen)

Bei versehentlichen Vergiftungen mit Tropanalkaloid-haeltigen Nachtschattendrogen muss auf jeden Fall ein Arzt gerufen werden, oder die Rettung, da man nie weiss, wieviel an Droge aufgenommen wurde - gerade die schoenen Beeren, der meisten Nachtschattendrogen, werden gerne von Kindern eingenommen, da sie zudem sehr suess schmecken, ist die Gefahr besonders gross! Es besteht Lebensgefahr! (eigen)

Die Wirkungen dauern bis zu 3 Tagen und damit ist es kaum moeglich den Berauschten so lange sicher unterzubringen ohne fremde, professionelle Hilfe. Es besteht grosse Gefahr durch die unscharfe Sicht einen Unfall zu erleiden! Suchen sie unbedingt Hilfe bei Aerzten, Drogenberatungsstellen und dem allgemeinen Giftnotruf. Nachtschattendrogen sind legal, also brauchen Sie auch keine Verfolgung seitens der Behoerden befuerchten. (eigen)

Es gibt ein spezifisches Gegengift, Physiostigmin, mit dem die Wirkung sofort aufgehoben werden kann! Eine Behandlung mit einem ruhig-stellenden Beruhigungsmittel ist nicht ausreichend, weil der Berauschte unter den Halluzinationen leidet! Neuroleptika sind nicht wirksam, andere atemdepressive Beruhigungsmittel, wie z.Bsp. Barbiturate erhoehen die Gefahr einer Atemlaehmung! (eigen)


Bibliographie:

Das Quellenverzeichnis der Enzyklopaedie