Bildquelle. 1. Geoffnete Samenkapsel (Stechapfel). 2. Geoffnete Bluete.
Manicon, Solanum mortiferum, (#18) Borrachero (Kolumbien), chamico (Andenraum), concombre-zombi (Zombie-Gurke), herbe aux sorciers (Kraut der Zauberer, auf den Karibikinseln), (#32) Jimson weed (amerik.), (&1, #45/285, #62) Stechapfel (dt.), (#11, #13, #17, #18, #32, #36, #69/81) thorn apple (engl.), (#32, #45) Kielitsa (Huichol), (#32) wisakon (Algonkin), (#62) Gemeiner Stechapfel, (#95/140) wysoccan (Name der Initiationsdroge bei den Algonkin). (#45/285) Thorn-Apple (engl.), Jimson-weed (engl.), Jamestown-weed (engl.). (#146)
Alle Pflanzenteile (&1) beinhalten Tropanalkaloide. (#32, #62) Es kommen Atropin, (#15, #32, #36, #45) l-Hyoscyamin (#11, #15, #32, #36, #45, #62) und l-Scopolamin (#11, #15, #32, #45, #62) vor. Der Alkaloidgehalt der Blaetter betraegt 0,2-0,5%, (#15, #20) der Samen 0,3-0,5%. Junge Pflanzen beinhalten vor allem Scopolamnin, alte Pflanzen vor allem Hyoscyamin. (#20) Die Inhalts- und Wirkstoffe der verschiedenen Stechapfelarten sind aehnlich. (&1)
Es ist eine einjaehrige, (&1, #17, #18) unter guenstigen Bedingungen bis 1,2m hoch werdende Pflanze mit einfachem oder gabelaestig verzweigtem, kahlem Stengel und langgestielten, eifoermigen, buchtig gezaehnten, bis 20cm langen Blaettern. Die einzeln blattachselstaendig stehenden Blueten besitzen einen 5-kantigen, roehrigen Kelch mit 5 Zaehnen und eine weisse, (&1, #17, #18) verwachsene, (#17) trompetenfoermige (&1, #17, #18) Blumenkrone. Die Zahl der Staubblaetter betraegt 5. Der Griffel hat eine 2-lappige Narbe. Die Frucht ist eine bis 5cm lange Kapsel, die mit weichen Stacheln besetzt ist. (#17, #18, &1) Sie enthaelt zahlreiche, bis 3,5mm lange, platte, nierenfoermige, braunschwarze Samen. (#17) Die Samenkapsel platzt beim Trocknen auf. 4 aufgeplatzte Schalenstuecke mit Stacheln biegen sich nach aussen. Die Samen fallen nur schwer aus den Kapseln. (eigen) Die Pflanze ist leicht an ihrem Geruch, und ihrer Frucht, den sogenannten "Stechaepfeln", zu erkennen ist. Die Samen sind, solange sie noch unreif sind, schmackhaft und suess, dazuhin noch leicht zugaenglich da die Stacheln der Frucht erst nach der Reife der Samen hart und pricklig werden. (#18) Die Blueten sind weiss; sie stehen gerade weg und sind ein vielfaches kleiner als die Blueten der Engelstrompetenbaeume; die Blueten fallen nach einem Tag ab; sie verwelken rasch; (eigen) Es soll auch violette Blueten geben. (&1, #95/140)
Als Ursprungsland wird das Gebiet um das Schwarze und das Kaspische Meer angenommen, verlautet Harold Hansen in seinem "Hexengarten". (#18) Ernst Freiherr von Bibra hingegen gibt uebrigens Ostindien oder Amerika als Ursprungsland an. (#95/140) (Der genaue, geographische Ursprung ist bei den meisten Pflanzen nicht klar)
Bildquelle. 1. Pflanze, verkl. 2. Blumenkrone, geoeffnet, verkl. 3. Stempel, verkl. 4. Kapsel, verkl. 5. Kapsel, durchgeschnitten, verkl. 6. Samen.
Sie gedeiht in tropischen und warmgemaessigten Zonen beider Hemisphaeren. (#11) Sie liebt sonnige und windgeschuetzte Stellen. (#18) Die Pflanze kommt zerstreut, besonders an stickstoffreichen Ruderalstellen, an Wegraendern, in Weinbergen und Gaerten vor. (#17) Stechapfel gedeiht gut in humusreichen Gartenboeden (Schwarzerde). (eigen)
Solanaceae - Nachtschattengewaechse
Die meisten der antiken Schreiber fuerchteten den Stechapfel und warnten ihre Leser vor ihm. Theophrast schreibt, dass jeder, der auch nur 4,2g vertilge, sich wie jemand, der den Teufel im Leibe habe, fuehlen wird; die doppelte Menge erzeuge Halluzinationen und vorruebergehende Verruecktheit, bei der dreifachen verloere man fuer immer den Verstand, bei der vierfachen trete der Tod ein. Sowohl Dioscorides als auch Plinius schreiben dasselbe, und Plinius fuegt hinzu, dass Stechapfelsaft als Speergift verwendet wurde, und dass der Stechapfel, den er "Manicon", das sinnverwirrende Kraut, nennt, noch andere harmlos klingende Namen hat, die ihm von Leuten gegeben wurden, die aus ueblen Absichten heraus seine eigentliche Wirkungsweise verbergen wollten. (#18)
Die alten peruanischen Aerzte kannten sich gut mit den Wirkungen bei verschiedenen Dosierungen aus. So konnten sie Medizinen zubereiten, die betaeubend und schmerzlindernd wirkten, Visionen erzeugten oder toeteten. Vermutlich wurden die Stechapfelsamen zerstossen in chicha eingenommen. Im alten Peru wurden sogar Schaedeloperationen durch den Stechapfel moeglich. Die trepanierten Schaedel zeigen, dass die Operationen erfolgreich waren, denn die Knochenraender waren gut verheilt. Stechapfel wurde auch den Initianten gegeben, wenn ihnen bei den Einweihungsfeiern die Ohren durchbohrt wurden. (#32)
Bildquelle. Nach Jacob Theodor Tabernaemontanus: "Neuw vollkommentlich Kreueterbuch", 1613.
In Europa ist der Stechapfel erst zu Beginn der Neuzeit eingefuehrt worden, aber er wurde sofort den Hexenpflanzen zugeordnet. Er galt als ein Bestandteil der Hexensalben. (#32)
1613: Jacob Theodor Tabernaemontanus erwaehnt den Stechapfel in seinem Werk: "Neuw vollkommentlich Kreueterbuch". (#18)
Geiger und Hesse stellten eine Pflanzenbase aus dem Stechapfel her: das Daturin, (#95/145) dass sich spaeter als Hyoscyamin herausstellte. (#20, #62)
Nach Ernst Freiherr von Bibra wurde Stramonin aus der Pflanze isoliert, eine genaue Identifikation mit Hyoscyamin / Scopolamin oder anderen Tropanalkaloiden geht aus dem historisch wertvollen Werk nicht hervor. (#95)
1855: Ernst Freiherr von Bibra veroeffentlichte sein Buch "Die narkotischen Genussmittel und der Mensch" und beschreibt unter anderem auch den Stechapfel (Datura stramonium), aber auch D. fastuosa und D. metel, aber auch Brugmansia sanguinea, die zu seiner Zeit noch der Pflanzenfamilie Datura zugeordnet wurde. (#95)
1864: Der oesterreichische Autor A. Ritter v. Perger stellte die Theorie auf, (#18) dass D. s. von den Zigeunern nach Europa gebracht worden sei. (#17, #18) Ihre Wahrsagerinnen sollen die Wirkung der Pflanzen u.a. dazu genutzt haben, andere Menschen in einen Rauschzustand zu versetzen und sie dadurch empfaenglicher fuer ihre Weissagungen zu machen. (#17) Es koennten damit die Roma oder Sinti gemeint gewesen sein - grundsaetzlich ist anzumerken, dass Giftmorde grundsaetzlich zu jeder Zeit geschehen sind - und dass diese Theorien, uebrigens auch beim Freiherrn Ernst von Bibra in der Literatur auftauchen - aus einer Zeit stammen, wo Rassismus alltaeglich war. Moeglich ist es, aber ein eigentuemlicher Beigeschmack bleibt bei all diesen Vermutungen;
1922: Safford berichtete ueber einen Gebrauch in der Neuen Welt. Der Stamm der Algonkin wird erwaehnt. Er berichtete auch ueber Initiationsriten. (#45/285)
1924: Der juedische Begruender der Toxikologie, L. Lewin, schrieb in seinem Werk "Phantastica. Die betaeubenden und erregenden Genussmittel. Fuer Aerzte und Nichtaerzte." ausfuehrlich ueber die verschiedenen Stechapfelarten, die er uebrigens der Gruppe der Phantastica zuordnete. (#10/178ff.) Seine Buecher wurden uebrigens 1935 bei der allgemeinen Buecherverbrennung durch das III. Reich mitverbrannt. Man warf dem alten, ungemein produktiven und aus unserer Sicht sicherlich sehr konservativem Professor vor, die deutsche Jugend mit Rauschgift zu vergiften, wie dem Vorwort der Ausgabe aus dem Volksverlag aus dem Jahre 1980 zu entnehmen ist - und ich glaube er hatte das sicherlich nicht vor.
1965, 1969-70: R.E. Schultes publizierte mehrmals ueber einen Gebrauch von Datura s. im amerikanischen Suedwesten und in Mexiko. (#45/285)
1971: Dieckhofer et al. analysierten die Pflanze und fanden Hyoscyamin, Atropin (in geringen Mengen) und Spuren von Scopolamin. (#45/286)
1975: AlYaha und Evans beschaeftigen sich von der chemischen Seite her mit einer F1-Hybriden (D. stramonium x D. discolor). (#45/287)
Bildquelle. Bluetengrundriss.
"4 ausgereifte frische Blaetter als Tee oder 1g derselben als Zusatz zu einer Zigarette sollen tiefen Schlaf mit erotischen Traeumen, aber auch Katzenjammer und geistige Verwirrung hervorrufen." Eberhard Teuschner fuehrt weiters aus, dass Vergiftungen durch Datura-Arten im allgemeinen zu den gleichen Symptomen wie die durch Atropa-Arten fuehren. Die Pulsbeschleunigung und Roetung des Gesichts koennen fehlen. Die zentralerregenden Wirkungen des Atropins sind haeufig zugunsten der zentrallaehmenden Scopolamin-wirkung zurueckgedraengt, wird ausserdem noch angemerkt. (#17)
Die pharmakologische Wirkung zerfaellt in 2 Komponenten: eine zentral-erregende sowie eine peripher-laehmende. Mit steigenden Dosen treten Anregung, Munterkeit, Ideenflucht, Rede- und Bewegungsdrang, Bewegungsunruhe, Tanzlust, Heiterkeit, zwanghaftes Lachen, schliesslich Verwirrtheitszustaende und delirante Halluzinationen auf. Die Wirkung der Gesamtalkaloide ist also zugleich erregend und daempfend. (#32)
Im Rausch kommt es zu voelliger Desorientierung, starken Halluzinationen und bizarren Gedankenverknotungen, begleitet von Stoerungen der Bewegungskoordination. 2-3 Tage braucht der Koerper, um sich zu erholen; waehrend dieser Zeit leidet der User an Konzentrationsschwaeche, Gedaechtnisluecken, teilweiser Blindheit, Stottern und anderen Sprachstoerungen, sowie Paranoia; Faelle von psychischer Abhaengigkeit soll es vor allem im Mittelalter haeufig gegeben haten; ueber laengere Zeit genommen ist Datura stramonium hochgradig hirn- und lebertoxisch. (#36)
Selbstexperiment: Datura stramonium geraucht auf Alu-folie; (eigen)
Ein durch einen befreundeten Musiker angeregtes Selbstexperiment mehrerer Freiwilliger ergab folgende Ergebnisse aus meiner Sicht:
4 Blaetter pro Person (wir waren 4) wurden von mir mit heissem Wasser als Tee bereitet, die ausgelaugten Blaetter wurden abfiltriert und verworfen. Der Geschmack des so gewonnen Getraenkes war gerade nicht sehr bekoemmlich (Die Blaetter wurden zerquetscht). Der Tee wurde in 2 Etappen, mit einem Abstand von 30 Min. getrunken. Nach dem ersten Trunk entstand eine koerperliche Muedigkeit, und erste optische Phaenomene traten auf. Eine allgemein gehobene Stimmung und angeregte Gespraeche gingen einher und die optische Sicht der Umgebung wurde getruebt. Eine sehr leichte Aehnlichkeit mit der Wirkung von Cannabisharz war zu bemerken, doch dieser Zustand hielt nur sehr kurz an - und die geradezu wahnsinnige Hoffnung auf eine legale Ersatzdroge war hinueber, was sich uebrigens spaeter noch viel mehr verstaerkte, denn schon in dieser eher vorsichtig gewaehlten Dosis von mir, war das Zeug hoellisch. Sicherlich keine Genussdroge.
Der zweite Teil des bereiteten Auszuges wurde von uns getrunken. Nach etwa 10 Minuten kam es zum Einsetzen starker Wirkungen und Nebenwirkungen: Es bildete sich ein schmerzhafter und trockener Hals aus und auch der ganze Mundraum fuehlte sich so an. Man konnte deshalb kaum mehr sprechen. Starke Bewegungsstoerungen stellten sich ein. Wir konnten nur mehr muehsam das Gleichgewicht halten, so schwankten wir. Zeitweilig faellt man vorwaerts und muss sich regelrecht an einem Baum wieder hinaufziehen, was wir auch versuchten. Taumeln. Schwanken. Zustand starker Berauschung. Es treten vereinzelt echte Halluzinationen auf. Lichtquellen intensivierten sich. Wir versuchten uns lange Zeit vorsichtig nach Hause zu schleichen - denn in diesem Zustand wollten wir nicht gesehen werden. Der Abmarsch gelang auf jedenfall lange Zeit nicht. Die Bewegungsstoerungen gelangen kaum - und ich konnte nur mit viel Not pissen. Dieser Zustand erinnert etwas an einen Alkohol-Vollrausch. Nach 2h gelang die Rueckkehr nach Hause. Es gab eine starke Muedigkeit, doch man konnte nicht richtig schlafen, sondern waelzte sich im Bett hin und her. Es war sehr anstrengend und belastend, und ich hoffte oftmals, dass der Rausch vorbei sein wuerde. Am naechsten Morgen wollten wir uns in die Berge zur Erholung zurueckziehen. Etwas Rauchen und herunterkommen, doch es fiel uns schwer da rauf zu kommen. Da wir durch die Stadt in ein anderes Bergtal mussten nahmen wir den Bus, oder wollten es eigentlich. Doch ich hatte so meine leichten Probleme mit der Organisation der Busfahrzeiten, denn durch meine pharmakologische verursachte Pupillenlaehmung konnte ich im Nahbereich nichts sehen, also auch keine Busplaene lesen - also fragte ich ganz vorsichtig eine Maedchen mit der Ausrede ich haette keine Brille, so wie eine alter Opa, damit sie mir die noetigen Informationen liefere, was sie dann auch tat. Es ist in diesem Bewusstseinszustand unmoeglich zu lesen. Diese Nebenwirkung tritt noch am zweiten Tag auf. Eine Konzentration auf das Schaerferstellen der Augen fuehrte zu starken Traenen der Augen und war ausgesprochen schmerzhaft. Den Bus konnte man ja noch erkennen - der war genuegend gross. Wir setzten uns dann ganz hinten in den Bus, damit wir alles ueberblicken konnten und unterhielten uns gut und freundlich mit einheimischen Jugendlichen. Anschliessend mussten wir noch einen Berg erklimmen, um uns dort in eine Berghuette zurueckziehen. Der Aufstieg fiel uns extrem schwer und es gelang uns nur mit Muehe und gegenseitiger Hilfe hinaufzukommen. Das Gepaeck wurde elends schwer und wir waren heilfroh oben zu sein. Ich war zufrieden, freute mich wieder auf das Rauchen, blickte vom Berg in die Tallandschaft und wir beendeten diese Erfahrung mit einem Essen. Die Rausch- und Erholungszeit betrug insgesamt rund 3 Tage, bis alle Symptome und die Muedigkeit ueberwunden waren. (eigen)
Aus den Beschreibungen von Bekannten ergab sich noch folgendes Bild hochdosierterer Vergiftungen mit dieser Rauschdroge:
Bildquelle. Geoeffnete, reife Samenkapsel.
Hoehere Dosen fuehren zum totalen Realitaetsverlust! Dieser aeussert sich darin, dass man mit Personen spricht, die nicht da sind. Man nach Dingen greift, die nicht real sind. Oftmals sieht man man einzelne Dinge, die real sind, mehrfach. Fuer Aussenstehende, die nichts von der Einnahme wissen, wirkt man komplett verrueckt. Die Halluzinationen werden durch und durch fuer echt gehalten und sehen realistisch aus, was sich auch fatal auswirken kann. Dieses anticholinerge Delirium kann in der Realitaet des Lebens sehr gefaehrlich werden und ist es auch fuer viele Personen geworden, die psychiatrische Hilfe, meist in Form von Beruhigungsmitteln, benoetigten. Solche Erfahrungen in der Oeffentlichkeit zu machen ist mehr als gefaehrlich - in Ruecksichtnahme auf Verkehr und Gesundheit ...
Abschliessend muss man bei den Wirkungen dieser Pflanze und ihrer Auszuege auch noch einmal vehement daran erinnern, dass die enthaltenen Tropanalkaloide sehr wohl toedlich sein koennen. Wie ich verschiedenen Quellen entnommen habe, sind sehr wohl bleibende Schaeden und auch der Tod ein moeglicher Ausgang, wenn man diese Rauschdroge, oder auch Gift, einnimmt. (eigen)
Der Stechapfel kann einfach roh gegessen oder ausgekocht und der Sud getrunken oder in die Schleimhaeute eingerieben werden, die Samen koennen geraucht oder gemahlen und geschnupft werden, gibt Arman Sahihi in seinem Werk an. (#36) Im heutigen Mexiko ist der Gebrauch immer noch weit verbreitet. Die Blaetter werden vor allem geraucht, aber auch im Tee getrunken als Rausch- und Schmerzmittel benutzt. Die Blueten gelten als Aphrodisiakum. Es gibt sogar einen Santo Toloache, den Schutzheiligen des Stechapfels, der angerufen wird, um die Liebe einer begehrten Person zu erwecken. (#32)
Auch bei vielen nordamerikanischen Staemmen, besonders den kalifornischen Voelkern, den Pueblos, Apachen und anderen Staemmen des Suedwestens gilt der Stechapfel als 'heilig', heil- und 'zauberkraeftig'. Die Cumash haben einen Kult um die rituelle Einnahme des Stechapfels entwickelt. Den Navajo ist der Stechapfel 'heilig'; es wird Absud des Schoenen Weges, Kleines Weisses Haar, Grosse Blume der Sonne, aber auch Schwachsinnerzeuger genannt. Alle Pflanzenteile finden Verwendung. Das Sammeln der Pflanze ist mit einem Ritual verbunden. (#32)
Der Stechapfel waechst auch auf den meisten Karibikinseln. Er heisst concombre-zombi, "Zombie-Gurke", oder herbe aux sorcier, Kraut der Zauberer. Er ist wegen seiner giftigen und laehmenden Eigenschaften sehr gefuerchtet, bei den Exumas und Bokors, den schwarzen 'Zauberern' und Heilern, aber eine geschaetze Medizin und beliebtes Aphrodisiakum. (#32)
Bildquelle. Datura stramonium.
Ueberall in der Neuen Welt gehoerten die einheimischen Stechapfelarten zu den 'heiligen Pflanzen' der Indianer. Sie wurden besonders in der 'Zauberei' gebraucht, aber auch in der Medizin und im Opferritus. (#32)
Im Andenraum heisst der Stechapfel chamico. Er gehoert dort zu den aeltesten Heilpflanzen. (#32)
Der Stechapfel wurde in Europa zur Bereitung von Asthmazigaretten verwendet. Dieser Gebrauch wurde fuer obsolet erklaert, da durch die Pyrolyse der Blaetter zusaetzliche Giftstoffe eingebracht worden sind, die man heute durch Inhalationstechniken des Asthmamittels ohne Pyrolyse ersetzt hat. Durch den Einsatz von Zellulosefiltern kann eine Reduktion der Pyrolyseprodukte im Rauch erreicht werden. (Quelle, eigen)
Der Stechapfel wird in Europa immer noch eingenommen und es ereignen sich alle Jahre wieder Vergiftungen, die so heftig sind, dass die Berauschten akut psychiatrisch und auch medizinisch behandelt werden muessen. Es gibt aber kaum versehentliche Vergiftungen mit der uebelriechenden und "giftig" ausschauenden Pflanze. Die Droge wird meist bewusst in Nachahmung vergangener Hexenkulte, ueber die man eigentlich kaum etwas weiss, eingenommen. Doch die meisten Konsumenten verlieren sehr schnell die Lust an der unangenehmen Wirkung, die man eher als Delirium bezeichnet. Bereitungen, wie in Indien oder in Mexiko, die Stechapfel nur als Beimengung zu anderen Drogen (Alkohol, Haschisch,...) enthalten, sind in Europa eigentlich nicht verbreitet. Das Rauchen von Stechapfel ist im heutigen Europa extrem selten, meist werden die Pflanzenteile immer noch in Teeform eingenommen, wobei sich aufgrund des hohen Giftgehalts der Pflanze oftmals Dosierungsprobleme ergeben, die sich in gefaehrlichen Ueberdosierungen aeussern, die sogar toedlich verlaufen koennen. Stechapfelbereitungen praegen ihre intensive Rauschwirkung meines Erachtens erst dann aus, wenn Sie oral eingenommen werden. Das Rauchen kleiner Dosen von Stechapfel wurde in Europa eher medizinisch genutzt, naemlich in Form von Asthmazigaretten. Der Stechapfel spielt heute sicherlich keine wesentliche Rolle als Rauschdroge in Westeuropa. (eigen)
Die Wirkdauer betraegt 2-3 Tage, einschliesslich aller Nachwirkungen, wenn die Droge oral eingenommen wird. (eigen)
4 Blaetter als Tee zubereitet stellen bereits eine voll wirksame halluzinogene Dosis dar. (eigen, #17) Bei dieser Dosis treten bereits an der Spitze der Erfahrung leichte atemdepressive Nebenwirkungen auf. Das Heben der Brust fuer die Atmung faellt schwerer und die Atmung ist bereits allgemein sehr flach und man bereits oftmals das Gefuehl von Atemnot. (eigen)
Harold Hansen zitiert bei der Frage um die Dosis den antiken Schriftsteller Theophrast, der die wirksame Dosis mit 4,2g angibt. (#18)
Eberhard Teuscher schreibt: 15 Stk. Samen koennen fuer Kinder bereits toedlich sein, gibt der Toxikologe Eberhard Teuscher an. 1g der Blaetter werden geraucht, und dies soll fuer die berauschende Wirkung ausreichen, meint E. Teuscher ausserdem. (#17)
Bildquelle. Ausschnitt aus einem Werk des niederlaendischen Malers Hieronymus Bosch, auf dem offensichtlich eine geoeffnete Stechapfel-samenhuelse abgebildet wurde.
Physiostigmin wirkt als Gegengift und steht im Mittelpunkt der medikamentoesen Behandlung. Das Hauptrisiko der Vergiftung ist eine zentrale Atemlaehmung. Diese kann durch kuenstliche Beatmung abgewendet werden. Temperatursenkende Massnahmen und bei Erregungszustaenden die Gabe von Diazepam (Valium®), i.v. in kleinen Dosen, ergaenzen die Behandlung wirkungsvoll. (#2)
(Es muss darauf hingewiesen werden, dass es zu keiner Verstaerkung der Atemlaehmung kommen darf; es empfehlen sich die allgemeinen Massnahmen der Ersten Hilfe und die Herbeirufung eines Arztes; ich glaube nicht, dass Valium besonders gut geeignet ist; es empfehlen sich sicherlich zuerst Methoden des sogenannten "talk-downs";) Es muss an dieser Stelle an die ausfuehrlichen Beschreibungen bei Mandragora officinalis (Alraune) oder Datura stramonium (Stechapfel) verwiesen werden, wo auch ausfuehrliche Beschreibungen der entsprechenden Rauschzustaende und deren Aufhebung beschrieben ist. (eigen)
Das Fuehren von Kraftfahrzeugen und das Betreiben gefaehrlicher Maschinen ist nicht moeglich! Aufgrund der Laehmung des Pupillenmuskels kommt es bereits bei geringen Dosen zu unscharfen Sehen! (eigen)
Schon bei mittleren Dosen kommt es bei Nachtschattendrogen die Tropanalkaloide (wie Scopolamin oder Hyoscyamin) enthalten zu Halluzinationen, die im Gegensatz zu den Pseudohalluzinationen der serotenergen Halluzinogene (LSD, Psilocybin, Meskalin,...), als taeuschend echt empfunden werden. Der Berauschte sieht Dinge, die nicht vorhanden sind und ist damit im normalen Leben hoechstens gefaehrdet einen Unfall zu erleiden. (eigen)
Bildquelle. Thorn-Apple (Stechapfel).
Bei hohen Dosen tritt der atemlaehmende Effekt in den Vordergrund und der Berauschte droht zu ersticken. Es besteht hoechste Lebensgefahr! (eigen)
Bei versehentlichen Vergiftungen mit Tropanalkaloid-haeltigen Nachtschattendrogen muss auf jeden Fall ein Arzt gerufen werden, oder die Rettung, da man nie weiss, wieviel an Droge aufgenommen wurde - gerade die schoenen Beeren, der meisten Nachtschattendrogen, werden gerne von Kindern eingenommen, da sie zudem sehr suess schmecken, ist die Gefahr besonders gross! Es besteht Lebensgefahr! (eigen)
Die Wirkungen dauern bis zu 3 Tagen und damit ist es kaum moeglich den Berauschten so lange sicher unterzubringen ohne fremde, professionelle Hilfe. Es besteht grosse Gefahr durch die unscharfe Sicht einen Unfall zu erleiden! Suchen sie unbedingt Hilfe bei Aerzten, Drogenberatungsstellen und dem allgemeinen Giftnotruf. Nachtschattendrogen sind legal, also brauchen Sie auch keine Verfolgung seitens der Behoerden befuerchten. (eigen)
Es gibt ein spezifisches Gegengift, Physiostigmin, mit dem die Wirkung sofort aufgehoben werden kann! Eine Behandlung mit einem ruhig-stellenden Beruhigungsmittel ist nicht ausreichend, weil der Berauschte unter den Halluzinationen leidet! Neuroleptika sind nicht wirksam, andere atemdepressive Beruhigungsmittel, wie z.Bsp. Barbiturate erhoehen die Gefahr einer Atemlaehmung! (eigen)
Abbildung 1: Zeichner: ANNONYM; In: STAFFORD Peter: "Psychedelics Encyclopedia.", 3., erweiterte Aufl., S. 386, Ronin Publishing, Inc., 1992..
Abbildung 2: Zeichner: ANNONYM; In: KOTSCHENREUTHER Hellmut: "Das Reich der Drogen und Gifte", S. 85, Ullstein Buch 3514, Ullstein-Verlag, Frankfurt am Main, Berlin, Wien, 1978.
Abbildung 3: Zeichner: Nach Jacob Theodor Tabernaemontanus; In: TABERNAEMONTANUS Jacob Theodor: "Neuw vollkommentlich Kreueterbuch", 1613.
Abbildung 4: Zeichner: Nach EICHLER; In: FITTING Hans, SIERP Hermann, HARDER Richard, FIRBASS Franz: "Lehrbuch der Botanik fuer Hochschulen.", 21. unveraenderte Aufl., S. 529, Gustav Fischer Verlag, Jena, 1942.
Abbildung 5: Zeichner: Nach KARSTEN; In: FITTING Hans, SIERP Hermann, HARDER Richard, FIRBASS Franz: "Lehrbuch der Botanik fuer Hochschulen.", 21. unveraenderte Aufl., S. 529, Gustav Fischer Verlag, Jena, 1942.
Abbildung 6: Zeichner: Graph. Institut. Jena: ausgewaehlt von O. Schmeill in Zusammenarbeit mit dem Graphischen Institut Julius Klinkhardt; In: SCHMEILL Otto: "Lehrbuch der Botanik fuer hoehere Lehranstalten und die Hand des Lehrers, sowie fuer alle Freunde der Natur.", S. 226, Quelle & Meyer, Leipzip, 1911.
Abbildung 7: Zeichner: unbekannt; Quelle: Unbekannt;
Abbildung 8: Zeichner: Hieronymus Bosch; In: RAETSCH Christian, LIGGENSTORFER Roger (Hg.): "Pilze der Goetter.", AT Verlag, S. 132, Aarau, 1998.
Abbildung 9: Zeichner/in: unbekannt; Quelle: Britton & Brown Illustrated Flora - 2nd Edition (1913) "An Illustrated Flora of the Northern United States and Canada";