Pyridinalkaloide: Arecolin, Arecaidin, Arecolidin, Guvacolin und Guvacin. (#80/135)
Arekolin und andere Alkaloide. Gerbsaeure. (#116)
Fuer die Pflanze: Arekapalme. (#116) Fuer die Nuss: Arecanuss, Pinganuss, Betelnuss; (#80/133)Fuer den Betelpriem: pan, (Hindi) palang tor ("Hochzeitsbrecher", Hindi). (eigen)
Arecaceae - Palmengewaechse
Die Pflanze ist ein bis zu 30m hohes Palmengewaechs. (#80/133f.)
Der Begruender der Toxikologie und profunder Kenner des Drogengebrauchs seiner Zeit, Louis Lewin, beschrieb 1924 in seinem Buch "Phantastica" die Verbreitung des Betelkauens folgendermassen: Lewin fuehrte Indien, Thailand, China, Borneo, Sumatra, Java, Philippinen, Molukken, Neuguinea, Karolinen, Fidschi, aber auch in Ostafrika und Madagaskar an. (#10/307f.)
Die Pflanze ist heute in ganz Suedasien, Ostafrika und auf den Westindischen Inseln verbreitet. (#80/134)
Der sogenannte Betelpriem besteht aus mehreren Bestandteilen. Namensgeber ist der Betelstrauch (Piper betle Linnaeus, Piperaceae - Pfeffergewaechse), der vor allem in Indien, Sri Lanka und auf den malayischen Archipel angebaut wird. Die fuer den Priem genutzten Blaetter haben einen hohen Eugenol-gehalt, so dass sie beim Zerreiben intensiv nach Gewuerznelken duften. Fuer ihre Verwendung muessen sie moeglichst frisch sein. (#80/133) Der wesentlichste, aktive Bestandteil ist aber die zerkleinerte Arecanuss, bei der es sich um die Samen der Areca-palme handelt. (#80/133f.) Schliesslich wird dem geschaetzten Betelbissen noch etwas geloeschter Kalk (Ca(OH)2) zugesetzt, der haeufig noch mit Curcumapulver (Gelbwurz, Curcuma domestica) roetlich eingefaerbt ist. Der Kalk dient der Freisetzung der in der Nuss enthaltenen Stickstoffbasen aus ihrer Bindung an Gerbstoffe und der hydrolytischen Aktivierung der Hauptwirkstoffe. (#80/134)
Ueberall in Suedasien werden auf Maerkten und an Strassenecken heute die Betelzutaten angeboten und sind das wohl beliebteste Genussmittel dieser Region, zumindest bei den aelteren Bewohnern. Bei der Jugend waechst hingegen der Hang zur Zigarette. (#80/133f.)
Die Spuren des Betelkauens begegnen dem Suedasienbesucher buchstaeblich auf Schritt und Tritt, denn die Betelkauer spucken praktisch ueberall ihren reichlich fliessenden roten Speichel aus, der dann charakteristische rote Flecke, die wie Blutspuren anmuten, hinterlaesst. Grund dafuer ist das in der Arecanuss enthaltene Arcecarot, das durch die Kalkeinwirkung diese intensive Farbe entwickelt. (#80/134)
In einigen Gegenden werden dem Betelpriem auch noch weitere Komponenten zugesetzt, z. Bsp. der sogenannte Gambir, ein Pressaft aus Zweigen und Blaettern von Uncaria gambir Roxb., oder Katechu, ein Pressaft aus dem Kernholz von Acacia catechu Willd. Beide sind reich an Gerbstoffen.(#80/134)
In Indien wird auch haeufig Tabak zum pan (Betelbissen) hinzugefuegt. Auch diese Bereitungsform geniesst in Indien weite Verbreitung und ist inzwischen auch schon industriell packetiert erhaeltlich. (eigen)
Es gibt auch eine Bereitung der Beteldroge, die man in Bombay, Indien, palang-tor nennt. Dies bedeutet in unserer Sprache "Hochzeitsbrecher" und diese Rauschdroge wird bei einer Heirat vom Braeutigam als Stimulanz in der Hochzeitsnacht verwendet. (eigen)
Uebrigens werden in Indien auch andere Pflanzen dem Betelbissen zugefuegt, so wird beispielsweise immer wieder von einer Versetzung mit Coca-Blaettern gesprochen, die ja auch in Indien angebaut werden. (In der Umgebung von Varanasi, aber v.a. in Assam und Darjeeling...). (eigen)
In einigen Gegenden der Philippinen erhoerten die jungen Tagalenmaedchen nur die Heiratsantraege der Bewerber, die ihre Leidenschaft dadurch unter Beweis stellten, dass sie ihrer Angebetenen den Betelpriem mit einem Zungenschlag aus dem Mund holten.(#80/134)
Bis heute hat sich in Sri Lanka der Brauch erhalten, dass der Braeutigam seiner Braut beim ersten Besuch im Haus symbolisch einen Betelbissen ueberreicht. (#80/134)
Der Gebrauch des Betelbissens reicht von der afrikanischen Ostkueste bis nach Neuguinea. Nach Europa oder Amerika ist dieser kulturgeschichtlich interessante Simulantiengebrauch jedoch nie vorgedrungen. (#80/135)
Fuer die Wirkungsweise sind das Arecaidin und das Guvacin bedeutungsvoll, die beim Kauen mit dem alkalischen Kalk sehr rasch aus den Estern Arecolin und Guvacolin entstehen. (#80/135) Die subjektive Wirkung besteht fuer den Betelkauer darin, dass er sich in einen Zustand des Wohlbefindens versetzt, gepaart mit einer bestimmten Erhoehung der geistigen und koerperlichen Leistungsfaehigkeit. (#80/135f.)
Pharmakologische Untersuchungen zeigten, dass beim Arecolin eine parasympathomimetische Wirkung (Erregung des vegetativen Nervensystems) zu verzeichnen ist, durch die u.a. der starke Speichelfluss bewirkt wird.(#80/135f.)
Die vom Betelkauer geschaetzten Wirkstoffe sind jedoch das Arecaidin und das Guvacin, die durch Hemmung der Wiederaufnahme von Gamma-Aminobuttersaeure in die Nervenzellen die gewuenschte zentrale Erregung bzw. Stimulierung hervorrufen.(#80/135f.)
Nebenwirkungen sind auch beim Betelgenuss nicht ausgeschlossen. Zu nenen sind bei chronischen Missbrauch Appetitlosigkeit, Verdauungsstoerungen und Zahnfleischentzuendungen. Es entwickelt sich eine psychische Abhaengigkeit. Nur kurz soll darauf hingewiesen sein, dass in den letzten Jahren beim Arecaidin eine cancerogenes Potential gefunden wurde. Man kam dieser Tatsache auf die Spur, als bei Betelkauern ein gehaeuftes Auftreten von Krebsen des Mund- und Rachenbereichs festgestellt wurde. Tierexperimente haben diesen Verdacht bekraeftigt. (#80/135f.)
Aber auch die Inhaltsstoffe der Betelnuss sind nicht ohne jeglichen medizinischen Nutzen gewesen. Seit den 70´er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde Arecolin besonders in der Veterinaermedizin gern als Wurmmittel angewendet. (#80/135f.)
Zu dieser Bereitung kann ich leider keine genaue Zusammensetzung angeben, denn diese speziellen pan-Bereitungen werden seit Jahrhunderten von einem pan-wala (Betelbereiter und Verkaeufer) auf den naechsten weitergegeben und sind geheim. Doch ich konnte feststellen, dass die Droge aus mehreren, verschiedenen Zutaten zusammengesetzt wird. Es werden auch andere Blaetter als Betelblaetter zugemischt. Ich habe in Bombay diese Bereitung bei einem pan-wala (Pan-Verkaeufer) angefordert, der darauf ziemlich verwundert reagiert hatte, was auch nicht weiters wunderlich war, denn die Bereitung wird normalerweise vor der Hochzeit von Hochzeitspaaren eingenommen. Dennoch verstand er mich und nutzte alle seine Kunst um den Pfriem fuer mich zu bereiten. Das Ganze war in ein Palmblatt gewickelt und schmeckte nicht so stark betaeubend wie pan-parag, eine kommerziell erhaeltliche pan-Bereitung. Auf jeden Fall war es mehr als eine Handvoll Blaetter und Pflanzenteile, die da genossen werden sollte. Es war sehr schwierig, den Pfriem im Mund zu halten, ohne dass mir Speichel ueber die Lippen floss, was die vorbeigehenden Inder, ziemlich amuesant fanden. Auf dem Weg zum Hauptpostamt von Bombay patschte ich das Zeug so vor mich hin und die rote Farbe des pan lief mir dauernd aus den Mundwinkeln. Verzweifelt versuchte ich die Droge nicht zu schlucken, denn ich hatte gehoert, dass das Verschlucken erstens die Wirkung sehr stark reduziere und ausserdem alles andere als bekoemmlich fuer den Magen sei. Doch auch dies gelang nur schwer und ich erkannte das pan-Kauen auch gelernt sein will. Die Wirkung des pan-setze mit einer Klarheit in meinem Kopf ein und ich war trotz der Hitze aktiv und hinterliess - wie in Indien soviele andere Betelkauer - eine rote Spur zurueck. Ich wurde weder erregt noch wurde ich uebertrieben aktiv von der Bereitung, sondern - ich empfand nur eine leichte Antriebssteigerung, die etwas ueber der von Koffein-produkten liegt. (eigen)
Pan-parag ist eine in Indien ueberall kaeufliche Bereitung des Betels, die ich selbst eingenommen habe. Die zerpulverte Rauschdroge wird in verschiedenen Packungsgroessen in Indien angeboten. Es gibt eine Einzeldosisversion, die Kunststoff verpackten, zuckerl-grossen Packungen, die aneinandergereiht sind, angeboten wird. Es gibt aber auch eine blaue Vorratssdose, in der sich das roetliche Pulver befindet. Pan-parag ist eine ueberall durch Indien erhaeltliche, haeufig konsumierte Form des Betels. Die haeufig zusammengebackene Pulverdroge wird, wie mir ein Freund gezeigt hat, auf die Handflaeche gegeben, mit der Faust oder Handflaeche der anderen Hand fein zermoersert, bis sie ganz staubfoermig ist. Sollte dies nicht gelingen, wird regelrecht mit den Haenden geklatscht, bis alles fein-pulverig ist. In der Colaba, dem Stadtzentrum von Bombay, mit Blick auf das Meer, an der Promenade, nach dem Sonnenuntergang, erwartete ich die Wirkung, die sofort einsetzte. Als erstes bemerkte ich ein betaeubendes Gefuehl im Mund, aehnlich Kawa-Kawa, oder auch dem Betauebungsmittel bei der Zahnbehandlung. Dies koennte durch das enthaltene Eugenol verursacht werden, welches ja lange Zeit selber als Lokalanaesthetikum in der Zahnheilkunde verwendet wurde. Eigentlich bemerkte ich sonst keine nennenswerte Antriebssteigerung in dieser Dosis, wie bei Amphetaminen oder Kokain. Es fehlte der typische rush des Kokains und die nicht endenwollende Stimulation durch den Speed (Amphetamin). Es waren ja nur etwa 1-2g der Substanz, die ich zu mir genommen hatte. Die Droge ist eben nur ein leichtes Stimulanzmittelchen, aehnlich Kaffee oder Tee. Als problematisch beim Testen erwiesen sich vor allem der starke Speichelfluss, den man nicht schlucken soll, sondern ausspucken muss, ohne dass man den restlichen Betelbissen in die Gegend schleudert. Ich dachte in diesem Moment auch an die Zahnschaeden, die man ueberall in Indien sehen kann, doch pan ist eine sehr verbreitete, traditionell eingebettete, alte Rauschdroge, und die meisten Inder weisen zwar auf die Gefahren von Nikotin-rauchen und des Charras- (Haschisch)rauchen´s hin, doch die roetlich-verfaerbten Zaehne und die Zahnschaeden durch den Betel, beeindrucken sie im allgemeinen nicht, obwohl sie sehr genau um die Auswirkungen jahrelangen Kauens des Betels wissen. Pan ist in Suedindien sogar die Rauschdroge Nr. 1.
Die Droge wird uebrigens in eigenen Laeden, was die Bedeutsamkeit der Rauschdroge unterstreicht, vertrieben, die pan (Betel), inzwischen aber auch Zigaretten anbieten. Der Beruf des pan-walas, des Betelverkauefers ist hoch angesehen und erfordert Ausbildung, denn die Betelverkaeufer verkaufen erst seit kurzen, die in Indien kommerziell erhaeltlichen, vorpacketierten Bissen. Normalerweise wird der pan frisch bereitet, aber auch individuell dosiert, denn ein guter pan-wala kennt seine Kunden sehr genau und auch die gesamten Kenntnisse seiner Vorgaenger. (eigen)
Auch diese Bereitung wurde von mir getestet und es gelten die gleichen Wirkungsbeschreibungen wie oben, ausser dass man noch mit der Wirkung des beigefuegten Tabaks rechnen muss. Geschmacklich ist diese Mischung uebrigens fuer die meisten Europaer und Amerikaner so ziemlich das Schlimmste, was sie sich vorstellen koennen - lustigerweise ist in Suedindien, diese Bereitungsart - die Mischung Nr. 1. (eigen)
Hans Braun beschreibt die Wirkung in seinem Heilpflanzenlexikon folgendermassen:
Arekolin erregt die parasympatischen Nervenendigungen; es vermehrt also die Sekretion von Speichel-, Bronchial- und Darmdruesen und verursacht eine Bradykardie. Auf Eingeweidewuermer wirkt es durch Hervorrufung von Muskelkraempfen in der Muskulatur der Parasiten, und ausserdem zwingt es den Darm durch Erregung des Vagus zu peristaltischer Bewegung und beschleunigter Entleerung. (#116)
Arekolin findet in der Humanmedizin nur noch wenig Verwendung. In 1%-iger Loesung ist das Alkaloid als Miotikum brauchbar. (#116)
8-10g Semen Arecae koennen toedliche Vergiftungen hervorrufen. Der Tod tritt durch Atemlaehmung ein. Das Antidot (Gegengift) ist Atropin. (#116)
Der Toxikologe Louis Lewin, Verfasser des Werkes "Phantastica. Die betaeubenden und erregenden Genussmittel" schrieb in diesem Standardwerk der Drogenkunde, dass er eindeutig von der suechtigmachenden Wirkung des Betelkauens ueberzeugt sei. (#10/306)
Auch der Gebrauch von Betel reicht weit ins Altertum zurueck, wie die fruehesten Sanskritschriften dokumentieren. Nach den altindischen mythischen Vorstellungen stammt die Arecapalme direkt aus dem Paradies.(#80/134)
484-425 v. Chr.: Der griechische Historiker Herodot kannte bereits 430 v. Chr. die Verwendung des Betels. (#80/134)
Anfang des 1. Jhdt n. Chr.: Das Betelkauen hat ganz Suedasien erfasst. (#80/134)
1245-1320: Marco Polo berichtete in seinen Reisebeschreibungen vom Betelkauen.(#80/134)
1830: Thomas Arbott, der 1830 das Brahmaputratal erforschte, stellte fest, dass von den dortigen Eingeborenen die Entfernung zum naechsten Dorf in Priemlaengen gemessen wurde. (#80/134)
1850-1929: Der Toxikologe Louis Levin meinte, dass die Siamesen und die Bewohner Manilas eher auf ihr Grundnahrungsmittel Reis verzichten wuerden, als auf Betel. (#80/135)
1888: Ernst Jahns isolierte Arecolin aus der Betelnuss. (#80/135)
ca. 1900: Der Toxikologe Louis Lewin meinte dass die Siamesen und die Bewohner Manilas eher auf ihr Grundnahrungsmittel Reis verzichten wuerden, als auf Betel. (#80/135)